Wie das Gasthaus Kamper in Admont die Küche revolutioniert

Die Fünf vom Gasthaus Kamper, links beginnt’s: Albert senior, Brigitte, Albert junior und seine Frau Barbara Bacher sowie Schwester Sandra Hartmann.  .
Seit den goldenen Zeiten der Sommerfrische ist das Gasthaus Kamper in Admont ein Platzhirsch.

"Beim Gasthaus Kamper packt die ganze Familie mit an“, steht auf der Homepage des Admonter Hauses mit langer Tradition. Also ist es nur recht und billig, sie auch alle ins Bild zu bitten. Man denkt sich nichts dabei und rechnet mit höchstens drei Personen. Da kommt schon Albert junior, der Küchenchef. Kurz darauf nimmt seine Mama Brigitte, die Souschefin, Platz, und neben ihr Albert senior, der immer gerne mit den Gästen plaudert, und wenn nicht, die Enkelkinder bei Laune hält. Sind wir komplett? Nein, noch lange nicht. Von der anderen Seite nähern sich Albert juniors Ehefrau Barbara, die im Service arbeitet, und – jetzt wird’s langsam eng – Schwester Sandra, verheiratete Hartmann, die Restaurantleiterin.

Es ist ein bisschen so wie in der berühmten Szene aus „Eine Nacht in der Oper“ mit den Marx Brothers, wo immer mehr Menschen sich in eine enge Schiffskabine quetschen, bis die Tür platzt und alle wieder rauspurzeln. Aber so ein Herrgottswinkel in einer fachgerecht patinierten Stube ist wie ein Wunder: alle im Bild, alles gut.

Die Runde am Wirtshaustisch ist keineswegs ein singuläres Ereignis. Die Bachers – so heißen sie nämlich wegen der familiären Heiratspolitik seit Großmutters Zeiten, aber der Name Kamper war eben schon so felsenfest in den Kalkstein des steirischen Gesäuses gemeißelt – treffen sich allmorgendlich um halb neun, um gemeinsam zu frühstücken und den Tag zu besprechen. Dann tun alle, was zu tun ist – seit sechs Generationen.

Asien in Admont

1896 kam der Ururgroßvater eines Tages nach Hause und sagte knapp: „Ich hab’ uns eine Bleibe gekauft.“ Ein paar Schritte vom beeindruckenden Stift Admont entfernt eröffnete er sein Gasthaus. Die Zeit dafür hätte nicht besser sein können. Seit 1872 brachte die Kronprinz-Rudolf-Bahn Wiener Sommerfrischler ins Gesäuse, denen die frische Wanderluft gewaltigen Appetit in die knurrenden Mägen wehte. Der Kamper war schon damals eines der besten Häuser in den Ennstaler Alpen.

Vor zehn Jahren kehrte Albert Bacher junior heim, um Zug um Zug die Küche zu übernehmen. Und er beschränkte sich längst nicht darauf, weiterzukochen, wie hier immer schon gekocht wurde. Dazu war der Horizont seiner Erfahrungen schon zu groß – obwohl er ihn gerade einmal hundert Kilometer von Admont entfernt, im Flachauer Restaurant „Hoagascht“, erweitert hatte: „Österreichische Küche mit asiatischem Einschlag und regionalen Produkten“, sagt Albert, „das hat mir gefallen.“ Hermann Oberreiter, der Gründer des Pongauer „Hoagascht“ und erklärte Bewunderer der koreanischen Küche, nannte seine Linie „Pongasia“ – und so brachte Albert ein wenig Asien nach Admont.

Es ist geradezu ein Treppenwitz, dass er Bulgogi, Kimchi & Co. in einem Haus kennenlernte, dessen Namen im österreichischen Privatfernsehen auch für Lederhosen bewehrte Heimatverbundenheit steht.

„Eine kleine Vorspeise?“, fragt Albert und verschwindet kurz in der Küche. Eine gute Gelegenheit, Mama Brigitte Bacher zu fragen, wie das denn so abläuft als Souschefin mit dem Sohn als Küchenchef. „Alles kein Problem“, sagt sie schmunzelnd, „manchmal kracht’s halt ein bissl, aber dann ist wieder Ruh“. Der Albert sei ja auch nicht heimgekommen und habe gesagt: Grillteller weg, Bulgogi her! „Das hat sich langsam entwickelt.“

Beuschel für Bergsteiger

Albert ist wieder da und stellt einen Teller auf den Tisch. Er hat den letzten Satz der Mutter gehört und ergänzt: „Da hätten Mama und Papa schon den Kopf geschüttelt.“ Aber was er da gerade serviert, überzeugt auch die vorige Generation: traditionell herausgebackene Roggenkrapfen mit spannend gewürztem Melanzanipüree, Kimchi-Topfen-Creme und Teriyakisauce.

Roggenkrapfen mit Melanzanipüree und Kimchitopfen.

Roggenkrapfen mit Melanzanipüree und Kimchitopfen.      
 

Und dann ist da noch dieses Beuschel, das „die Bergsteiger besonders gern mögen“, wie Brigitte Bacher weiß: „Gschnoadl haben wir früher gesagt, weil das eben nicht so fein geschnitten war, der Albert ist da viel genauer.“ Und er hat da noch einen kleinen Trick: Er rührt ein wenig Blauschimmelkäse in die kaperig-sardellig abgeschmeckte Sauce.

Es ist der kleine exotische Kick, keineswegs immer nur ein asiatischer, der Albert Bachers Küche ausmacht: Hummus aus schwarzen Kichererbsen kombiniert er mit Gurken und Schafkäse, die kampanische Pastasorte Trottole mit Schnittlauch-Salbei-Pesto, Bauchspeck und Bergkäse oder das Hirschgulasch mit amerikanisch inspiriertem Cole Slaw (ursprünglich ein Krautsalat) aus Sellerie. Aber nicht nur in der Küche ist eine neue, sowohl regional verwurzelte wie auch sich in alle Kontinente verzweigende Ära angebrochen.

Aus dem altbewährten „Gasthaus Kamper“ wurde in der aktuellen Generation offiziell „Der Kamper“; so vermarktet man sich eben heutzutage. Man kann also auch zeitgemäß hoagaschtn, wie sie im Dialekt des nahen Salzburg zum gemütlichen Zusammensitzen in der Stube sagen – dort, wo Alberts weltoffene Küche ihren Ursprung hat.

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