Linzer Aktenskandal weitet sich aus: weitere Anzeigen verschleppt

Der Linzer SP-Bürgermeister Klaus Luger ist zwei Monate nach seiner zweiten Heirat und wenige Wochen vor der Wahl in der Kritik, weil er sich Geld zur Hocheit schenken ließ.
Der Magistrat soll 450 Anzeigen der Wirtschaftskammer nach der Gewerbeordnung, aber auch Anzeigen nach dem Lebensmittelgesetz nicht bearbeitet haben.

Die brisante Affäre um die Nichtbearbeitung von Hunderten Anzeigen der Finanzpolizei durch das Magistrat Linz weitet sich aus. Neben Strafanträgen der Finanz wegen mutmaßlichen Gesetzesverstößen vor allem im Baugewerbe soll die zuständige Abteilung der Linzer Stadtverwaltung auch Anzeigen der Wirtschaftskammer wegen Verletzung der Gewerbeordnung und Anzeigen nach dem Lebensmittelgesetz gegen Handelsfirmen und Gastwirte "unbearbeitet liegen gelassen haben".

Aufgrund von Angaben eines Insiders, die auch dem KURIER vorliegen, muss die ermittelnde Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nun auch eine Unzahl weiterer Akten des Magistrats auf strafrechtlich relevante Tatbestände prüfen. Im Raum steht der Verdacht des Amtsmissbrauchs. Die Vorwürfe werden bestritten.

Der KURIER konfrontierte die WKStA mit den Vorwürfen des Whistleblowers. "Vor wenigen Tagen haben wir ein diesbezügliches Schreiben erhalten und haben es in die Ermittlungen einbezogen", bestätigt Oberstaatsanwaltschaft René Ruprecht dem KURIER. Mehr könne er derzeit noch nicht sagen.

Laut dem offenbar gut informierten Hinweisgeber sollen in den vergangenen Jahren rund 450 Anzeigen der Wirtschaftskammer gegen Gewerbetreibende vom Magistrat Linz "generell nicht bearbeitet worden sein". Mittlerweile sollen drei Viertel dieser Aktenvorgänge verjährt sein. "Der Wirtschaftskammer sind dadurch Einnahmen in beträchtlicher Höhe entgangen", behauptet der Insider.

Wirte geschont ?

Zugleich sollen in besagter Magistratsabteilung "in ähnlicher Anzahl Anzeigen nach dem Lebensmittelgesetz unbearbeitet liegen" geblieben sein. Allein der Schaden aus den Laborkosten für die Lebensmitteluntersuchungen soll bei rund 100.000 Euro liegen. Diese Kosten werden in der Regel den Verursachern in Rechnung gestellt.

Entgangene Strafzahlung sind dabei noch nicht eingerechnet. "Lebensmittel-Händler und Wirt können praktisch machen, was sie wollen, es wird ohnehin keine Übertretung geahndet", schreibt der Insider.

Die Ursache für dieses gewaltige Akten-Chaos soll der Personalengpass in der zuständigen Magistratsabteilung sein. Mit der Senkung der Personalkosten soll sich die Magistratsdirektion profiliert haben. Doch diese Einsparungen waren offensichtlich ein Schuss ins Knie. Detail am Rande: Die betroffene Strafabteilung des Magistrats wurde im Juli mit einem weiteren Juristen aufgerüstet.

Der KURIER konfrontierte den Linzer Bürgermeister Klaus Luger mit den Vorwürfen. Der Stadtchef hat bereits vergangene eine interne Prüfung durch die Magistratsdirektion angeordnet.

Größere Anzahl

"Unsere Eigenrecherchen haben ergeben, dass auch im Bereich Lebenmittelgesetz verjährte Fälle vorliegen", sagt Klaus Luger im Gespräch mit dem KURIER. "Es handelt sich dabei um keine Einzelfälle, sondern um eine größere Anzahl." Die Anzeigen nach dem Gewerberecht schaue sich man sich derzeit erst an.

"Ich fürchte aber, dass sich auch das bestätigen wird", sagt der Linzer Stadtchef. "Ich habe großes Interesse an der vollständigen Aufklärung dieser Missstände, um deren Ursachen analysieren und beseitigen zu können." Nachsatz: "Es ist für mich als Bürgermeister und Bezirkshauptmann sehr wichtig, dass die Verwaltung effizient und korrekt arbeitet."

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