Liebling, ich habe das Bergdorf geschrumpft

Liebling, ich habe das Bergdorf geschrumpft
Das Bergdorf und die Landflucht. Oder die Frage: Was Zahlen und Menschen verbindet

Mein Bergdorf schrumpft. Seit Jahren. In nackten Zahlen liest sich dies so: 2021 lebten im Bergdorf noch 767 Menschen. 2022 sind es nur mehr 752. Macht ganze 15 Einwohner weniger. Oder in Prozent ausgedrückt: minus zwei Prozent.

Nur mehr eine Gemeinde übertrifft im Bergdorfbezirk diese Zahl. Hier schrumpfte der Ort gleich um 41 Menschen. Allerdings von einer höheren Grundzahl ausgehend.

Wer sich nur auf diese Zahlen konzentriert, der muss jetzt stark sein. Weil nicht nur, dass alle Eingeborenen offenbar fluchtartig vom Land in die Stadt wechseln. Nein, jetzt nisten sich auch noch „diese Ausländer“ im Landidyll ein. Statistisch eindeutig belegbar: 14,8 Prozent der Einheimischen haben eine andere Staatsbürgerschaft.

Das Resümee: Landflucht und böse Zweitwohnbesitzer greifen also um sich.

Doch lassen Sie uns auch auf die Geschichten hinter all diesen Zahlen blicken.

Wie jene von dem jungen Mann, der die Welt bereiste, einen Top-Job hatte, heimgekehrt ist und nun eine handwerkliche Ausbildung außerhalb des Bergdorfs absolviert. Laut Zahl, aktuell somit (land)flüchtig, aber in Zukunft, mit zweitem Standbein, dann fix im Bergdorf.

Oder die Geschichte der fünf Bergdorfbewohner, die alle viel zu früh im vergangenen Jahr verstorben sind.

Oder jene von Erik, Annemieke, Henk oder Vanessa. Keine Zweitwohnbesitzer, sondern junge holländische Familien, die ihren Lebensmittelpunkt ins Bergdorf verlegt haben.

Hier soll nichts schöngeredet werden. Das Bergdorf muss dringend etwas tun, um der Landflucht entgegenzuwirken. Aber meistens lohnt sich eben, wie überall, ein zweiter Blick. Nicht nur auf Zahlen, sondern auch auf die Menschen dahinter.

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