Der Robinson Crusoe des Bergdorfs

Der Robinson Crusoe des Bergdorfs
Warum das Bergdorf ein kluges ist und sogar seine Lesegewohnheiten anpasst
Anja Kröll

Anja Kröll

Inselleben in den Bergen. Das Bergdorf liest Zeitung. Nicht, dass das etwas Außergewöhnliches wäre. Es handelt sich immerhin um ein äußerst kluges Bergdorf. Aber zugegeben liest das durchschnittliche Kärntner Bergdorf eher andere und rein formattechnisch betrachtet, kleinere Zeitungen, die mit „K“ beginnen als dieses „Wiener-Blattl“ (Zitat).

Was einem gar nicht so unrecht war, als man sich entschloss, das Bergdorf selbst zum Thema seiner mittwöchlichen Kolumne zu machen. Kann man lustig locker drauflosschreiben, ohne, dass jemand mitliest und sich dann womöglich beschwert.

Aber wie schon erwähnt, es handelt sich um ein äußerst kluges Bergdorf. Da braucht es keine Zeitung mit Nachrichten, um Neuigkeiten zu verbreiten, da reicht Dorfklatsch. „Du, die Kröll, die schreibt jeden Mittwoch in der großen Zeitung über uns.“

Seither ist das „Wiener-Blattl“ auf legalem Wege am Mittwoch nicht mehr im Bergdorf erhältlich. Nein, nicht Zensur. – Ausverkauft!

Das geht sogar so weit, dass einem manche Menschen mittlerweile nicht mehr beim Vornamen rufen, sondern nur mehr liebevoll „Mein Mittwoch“ nennen. Ich seh das gelassen: Hatte Daniel Defoe in „Robinson Crusoe“ seinen Freitag, hat das „Bergdorf“ nun eben seinen Mittwoch.

Und für alle, die sich nun denken: Ah, eh alles nur erfunden, eh alles nur ein Spiel mit Klischees zwischen Stadt und Land und dem immer größer werdenden Wunsch nach Landidylle in Zeiten der Pandemie. Denen sei ein Satz von Benedict Wells mitgegeben, der sich im neuen Ronja-von-Rönne-Roman findet: „Alles erfunden, aber alles empfunden.“

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