"Lernsieg": Umstrittene Lehrerbewertungs-App siegt vor Gericht

"Lernsieg" siegt vor Gericht: Klage gegen App zur Lehrerbewertung abgewiesen
Gründer fühlt sich bestätigt, Lehrergewerkschaft hat noch drei weitere Klagen am Laufen.

Von einer richtungsweisenden Klage sprach der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) vergangenen Herbst, als ein niederösterreichischer HTL-Professor gegen die Lehrerbewertungs-App "Lernsieg" vor Gericht zog. Der Techniker fühlte sich durch die App in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Die Musterklage wurde nun vor Gericht jedoch abgewiesen.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien begründete die Entscheidung damit, dass "Schüler, Eltern und die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse" daran hätten, wie Lehrer und Schulen bewertet werden - etwa bei der Schulwahl. Der Lehrergewerkschaft ist die Bewertungsplattform schon seit deren Einführung ein Dorn im Auge. Eine „Sternchenbewertung“ sei zu wenig aussagekräftig, um die Leistung eines Pädagogen zu bewerten, so einer der Gründe.

Auch Datenschutzbedenken waren vorhanden, weshalb die App zwischenzeitlich offline ging. Zahlreiche Datenschutzverfahren folgten. Die Bedenken sind mittlerweile ausgeräumt, wie auch Richterin Claudia Krumholz in ihrem Urteilsbegründung bestätigte. Demnach stelle die Wahrnehmung des Grundrechts auf Meinungs- und Informationsfreiheit im Rahmen der App ein berechtigtes Interesse im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dar.

"Schüler überwiegend verantwortungsvoll"

Weitere Bedenken der Lehrer bestehen aufgrund potenziell missbräuchlicher Verwendung. So lautete ein Argument gegen "Lernsieg", dass Schüler sich mit „Fake-Accounts“ an Lehrern rächen könnten, wenn diese nicht die gewünschte Note bekommen. Der 19-jährige "Lernsieg"-Gründer Benjamin Hadrigan hält diese Sorge für unbegründet, da man sich für die Nutzung mit einer Handynummer verifizieren müsse und dann nur bewerten könne, solang man Schüler der angegebenen Schule ist.

"Wir haben extra auf Handy- statt auf E-Mail-Registrierung gesetzt, da es wesentlich unwahrscheinlicher ist, dass jemand mehrere Handys oder Sim-Karten hat. Eine neue E-Mail-Adresse hingegen ist schnell erstellt", erklärt der Start-Up-Gründer. 

In der Urteilsbegründung ist zudem zu lesen, dass den Schülern nicht pauschal missbräuchliche Verwendung unterstellt werden könne und davon auszugehen sei, dass diese die App überwiegend verantwortungsvoll nutzen. Die durchschnittliche Bewertung, die nach Schulnoten einem "Gut" entspricht, bestätigt das. Laut Hadrigan habe es bisher auch keinerlei Hasspostings oder Ähnliches gegeben.

Der Jungunternehmer sieht sich durch das Urteil jedenfalls bestätigt und hat für die Zeit nach Corona bereits Expansionspläne. Davor möchte er sich aber noch mit der Lehrergewerkschaft an einen Tisch setzen. Das scheint eher unwahrscheinlich, denn diese hat aus momentaner Sicht noch drei weitere Zivilklagen gegen "Lernsieg" laufen.

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