Leibnitzer Bürgermeister wehrt sich gegen "Flüchtlingsgetto"
Drastische Worte findet der Leibnitzer Bürgermeister Helmut Leitenberger (SPÖ) in seinem offenen Brief an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Er protestiert damit gegen Pläne des Ministeriums, in einem insolventen Hotelbetrieb im Ortsteil Seggauberg künftig Asylwerber unterzubringen. Der Gebäudekomplex ist seit Ende 2014 ungenutzt. Leitenberger schreibt von "Isolationshaft" und der Installierung eines "Flüchtlingsgettos". Seinen Informationen zufolge sollen dort 200 bis 300 Flüchtlinge einziehen.
Dabei habe er prinzipiell nichts gegen die Aufnahme weiterer Asylwerber in Leibnitz. In mehreren kleineren Unterkünften in der Stadt würden aktuell 115 Flüchtlinge leben – bald sollen es 149 sein. Das Innenministerium mache aber die bisherigen Bemühungen der Freiwilligen in der Stadt kaputt, meint der Bürgermeister. "Solche Massenquartiere funktionieren nicht, das haben die Beispiele Leoben, Innsbruck und Gleisdorf gezeigt. Zudem liegt das Gebäude in einer wertvollen touristischen Gegend. Dort gibt es nur Einfamilienhäuser. Die Flüchtlinge müssten eine halbe Stunde oder länger zur nächsten Einkaufsgelegenheit gehen." Ihnen sei es daher unmöglich, sich selbst zu versorgen.
Zudem fürchtet Leitenberger, dass "nach Profit strebende Investoren" die Betreuung übernehmen könnten. "Wenn die Betreiber pro Flüchtling 14,50 Euro am Tag erhalten, haben sie bei einem Kaufpreis von bis zu zwei Millionen Euro in zwei Jahren die Investitionskosten herinnen", schätzt der Bürgermeister. Er fordert vom Innenministerium mehr Rücksichtnahme auf die Gemeinden bei der Auswahl der Unterkünfte. "Der Dialog fehlt, man spricht nicht mit uns", echauffiert sich Leitenberger.
Herbergssuche
Während am Grenzübergang in Spielfeld seit Montag ein Zaun errichtet wird, sucht das Innenministerium im ganzen Land nach Quartieren für Asylwerber, darunter ist auch das frühere Hotel in Leibnitz-Seggauberg. Das bestätigt Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck auf Anfrage. "Ja, wir führen Gespräche über ein Flüchtlingsquartier in Leibnitz", sagt er. Den Vorwurf, nicht mit betroffenen Gemeinden zu sprechen, weist er zurück. "Wir prüfen das derzeit noch. Erst dann, wenn es darüber hinausgeht, nehmen wir Kontakt auf. Das tun wir in ganz Österreich. Drübergefahren wird über niemanden", beteuert Grundböck.
Wie viele Personen tatsächlich untergebracht werden sollen und wann das Quartier bezogen werden könnte, beantwortet der Sprecher nicht.
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