Wissen am Berg gefragt
Mit der weißen Pracht werden auch die Tourenski vielerorts wieder ausgepackt. Kaum eine andere Sportart hat in den vergangenen Jahren solch einen Boom erlebt, wie das Tourengehen. Doch Ausrüstung allein macht noch keinen Tourengeher.
Es ist vor allem das Wissen um das Thema Schnee, Lawinen und die damit einhergehende richtige Risikobewertung, die es braucht. „Rund 20 Tourengeher sterben Jahr für Jahr durch Lawinen. Auch wenn nicht alle Lawinen vorhersehbar sind und Unfälle auch ohne menschliches Fehlverhalten passieren können, beobachten wir doch wiederkehrende Unfallmuster, die vermeidbar wären“, sagt Michael Larcher, Leiter der Bergsport-Abteilung im Alpenverein.
Der Österreichische Alpenverein setzt deswegen heuer wieder in seiner Vortragsreihe „Lawinenupdate“ auf die richtige Vorbereitung für die Skitourensaison (www.alpenverein.at/lawinenupdate). 20 Stopps wären dafür eigentlich in ganz Österreich geplant gewesen. Coronabedingt kommt es nun im Lockdown vorerst zu Online-Veranstaltungen. „Wir haben bereits zehn Termine abgesagt, aber es wird wieder einen Live-Stream geben. Das haben wir auch im vergangenen Jahr so gemacht und über 10.000 Zuseher gehabt“, erklärt Larcher (Stream am 8.12, Anm.)
Abseits der Piste ist Wissen gefragt
Zielgruppe sind all jene, die sich abseits der gesicherten Pisten bewegen. Vom Skitourengeher über den Freerider bis hin zum Schneeschuhwanderer. „Skitourengehen ist ein Sport, der Know-how und Erfahrung erfordert. Die Erfahrung wächst mit jeder Tour, aber das nötige Know-how kommt nicht vom Tourengehen, sondern wenn man Kurse besucht und sich fortbildet“, sagt Larcher.
Beim Lawinenupdate arbeitet der Berg-Profi vor allem mit konkreten Beispielen. Wie jenes eines 16-Jährigen. Der Teenager ist im vergangenen Winter im Kühtai bei einem Lawinenabgang gestorben. Er war mit zwei Freunden im freien Gelände unterwegs, als sich ein Schneebrett löste und ihn unter sich begrub.
Da keiner der Jugendlichen ein Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS) bei sich trug, konnte der Bursche erst zwei Stunden nach dem Unglück von der Bergrettung tot geborgen werden. Gerade einmal einen halben Meter tief verschüttet.
„So etwas macht betroffen. Aber Betroffenheit schafft auch jene Aufmerksamkeit, die wir brauchen, um bei den Menschen Gefahrenbewusstsein zu schaffen und Grundregeln zu vermitteln“, erzählt Larcher. Und nach einer Pause: „Wir wollen keine Leute, die sagen: Solche Trottel, so etwas passiert mir nie. Diese Unfälle können jedem passieren.“
Selbst von Lawine verschüttet
Der Berg- und Skiführer weiß, wovon er spricht. Im Alter von 13 Jahren geriet Larcher als Teil einer größeren Gruppe in eine riesige Schneebrett-Lawine am Zischgeles. „Ich stand auf einem kleinen Stein und die Lawine ist wie eine Walze auf mich zugerast. Genau bei meinem Stein hat sie sich dann links und rechts geteilt. Der einzige Verlust damals, war ein Ski, das war unfassbares Glück“, erinnert sich der Alpenvereinsmann.
Vor drei Jahren sei er dann selbst erfasst worden. „Ich habe den Lawinenairbag ausgelöst und bin wie eine Schildkröte am Rücken dahingetrieben. Diese Gewalt und das Gefühl der Hilflosigkeit werde ich nie vergessen.“
Dass bei erfahrenen Tourengehern, aber auch bei Neulingen ein Bewusstsein für Lawinengefahren vorherrscht, daran glaubt Larcher fest: „Bei Lawinen beobachten wir zwei Dinge. Es gibt eine kollektive Angst und gleichzeitig große Neugier vor Lawinen. Unsere Seminare stoßen vielleicht gerade aus diesen Gründen auf eine so große Nachfrage.“
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