Landwirtschaft: Erntearbeiter verzweifelt gesucht
Seit 43 Jahren arbeitet Werner Magoschitz in der Spargelbranche. In dieser Zeit hat er den kleinen Betrieb seines Vaters zu einem Imperium im Marchfeld ausgebaut. So etwas wie diese Saison hat er aber noch nie erlebt: Die Erntehelfer fehlen. „20 Prozent der Felder hier konnten nicht geerntet werden“, sagt der 59-Jährige. „Das Problem sind die Lohnnebenkosten. Da können wir im internationalen Vergleich nicht mithalten, wenn wir pro Arbeitsstunde drei Euro mehr zahlen müssen. Bei 800 Arbeitsstunden zahlen wir in Österreich um 2400 Euro mehr als in Deutschland“, rechnet er vor. Den Erntehelfern in Deutschland würden zudem etwa ein Euro pro Stunde mehr übrig bleiben. Dieser Umstand motiviere immer mehr, im Nachbarland zu arbeiten.
Visumpflicht
Magoschitz spricht vielen Bauern aus der Seele. Etwa 200 Erntehelfer haben diese Saison laut Schätzungen von Wolfgang Dobritzhofer von der Landwirtschaftskammer in Niederösterreich gefehlt. Er erachtet drei Faktoren als relevant: Einerseits sei das Ausländerbeschäftigungskontingent zu niedrig angesetzt gewesen, andererseits habe die die seit 1. Oktober 2017 gültige Regelung, dass Saisoniers ein Visum benötigen, auch wenn sie aus visumfreien Ländern kommen, viele Erntehelfer abgeschreckt. Und eben, dass der Nettoverdienst in anderen Ländern besser ist.
Auch im Burgenland fehlen die Erntehelfer. Einer, der von der Entwicklung betroffen ist, ist Obstbauer Johann Plemenschitz aus Klostermarienberg im Mittelburgenland. Nachdem die ungarischen Arbeitskräfte seit einigen Jahren weniger werden, hat Plemenschitz nun Rumänen beschäftigt.
Jetzt fordert der Obstbauer eine Ausweitung des Drittstaatenkontingents. Aus Moldawien oder der Ukraine würden leichter Saisonarbeiter zu finden sein, ist Plemenschitz überzeugt. „Ich glaube, dass über kurz oder lang Erntemaschinen zum Einsatz kommen werden.“
Auch ein Weinbauer aus dem Nordburgenland – seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen – ist verzweifelt: Rund 100 Hektar Weinfläche bewirtschaftet er, jetzt plagen ihn „akute Personalprobleme“. 20 Jahre lang hat er ungarische Erntearbeiter beschäftigt. „Aber die Ungarn kommen nicht mehr zu uns.“ Erntehelfer aus dem Burgenland hätten schon gar kein Interesse daran, für 6,30 Euro Netto-Stundenlohn zu arbeiten. Obwohl er mehr Fläche bewirtschaften könnte und die Nachfrage da sei, müsse er seine Expansionspläne auf Eis legen.
Lösungen werden gesucht. Eine Idee ist es, Asylwerber in die Ernte einzubinden. Das AMS hat gemeinsam mit dem Verein „Jugend und Arbeit“ eine Jobbörse gegründet. Rund 100 Betriebe haben Interesse bekundet. Andreas Freistetter, Vorsitzender des Österreichischen Landarbeiterkammertags, hatte schon 2016 vorgeschlagen, Asylwerber als Erntehelfer einzusetzen. Damals wurde der Vorschlag zurückgewiesen. Allerdings hätte man so schon mit der Qualifikation dieser Arbeitskräfte beginnen können.
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