Eine Kinderkrippe für drei Gemeinden
Auch vom Rand aus kann man zum Vorreiter werden. Die an der Grenze zu Ungarn liegenden nordburgenländischen Gemeinden Draßburg, Baumgarten, Schattendorf und Loipersbach haben schon vor 15 Jahren über den Tellerrand geblickt und erstmals eine gemeinsame Kinderkrippe eröffnet. Was damals bundesweit über Gemeindegrenzen hinweg kaum machbar schien, ist mittlerweile längst etabliert. Allein im Burgenland kooperieren aktuell 16 Gemeinden an zehn Standorten bei der Betreuung der Kleinen im Alter von sechs Monaten bis zu drei Jahren.
"Der Bedarf an Kinderbetreuung war gegeben, aber für eine einzelne Gemeinde wäre die Finanzierung zu kostspielig gewesen", erinnert sich der Draßburger Amtsdirektor Ernst Wild an die Anfänge der gemeindeübergreifenden Kinderkrippe. Bei Wild laufen nicht nur alle Fäden des interkommunalen Projekts zusammen, dem Amtsleiter ist die Krippe sichtlich auch ein Herzensanliegen.
Strenge Rechnung
Dass Draßburg Standort wurde, war Zufall und Gunst der geografischen Lage. Zufall, weil Anfang 2002 im örtlichen Kindergarten gerade ein Gruppenraum leer stand und Gunst, weil die berufstätigen Eltern aus den anderen Kommunen auf dem Weg zum Arbeitsplatz in Eisenstadt, Mattersburg oder Wiener Neustadt ohnehin durch Draßburg mussten. Zum Gelingen der Kooperation zwischen den rot regierten Gemeinden trägt auch die strenge Rechnung bei. Draßburg, Baumgarten und Schattendorf – Loipersbach ist vor Jahren freiwillig ausgestiegen – stehen je fünf Krippenplätze zu. Braucht eine Kommune weniger, kann der freie Platz an eine der anderen Gemeinden vergeben werden.
Die Eltern zahlen monatlich 130 Euro, pro Essen kommen 3,50 Euro hinzu. 2016 lagen die Gesamtkosten bei rund 111.300 Euro. Nach Abzug der Elternbeiträge und eines Landeszuschusses von 63.400 Euro mussten die Gemeinden im Vorjahr noch 28.054 Euro beisteuern.
Mehrsprachig
Geld, das gut investiert scheint. Denn die gemeinsame Krippe trägt dazu bei, junge Familien in den kleinen Gemeinden zu halten – Baumgarten hat 880 Einwohner und Draßburg 1130. Nur Schattendorf ist mit 2450 Einwohnern für burgenländische Verhältnisse schon eine der größeren Kommunen. Und alle drei konnten in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten den Bevölkerungsstand annähernd halten oder sogar leicht ausbauen. Die Zusammenarbeit ist auch deshalb bemerkenswert, weil die beiden kleinen burgenlandkroatischen Orte mit dem deutschsprachigen Schattendorf an einem Strang ziehen. "Da gab es nie Probleme", betont Wild.
Die Kinder sind in dieser Frage ohnehin schon einen Schritt weiter: Denn in der gemischtsprachigen Kinderkrippe (kroatisch-deutsch) werden sie zusätzlich spielerisch mit dem Ungarischen vertraut gemacht. Schließlich leben sie in Gemeinden, wo über den Tellerrand geschaut wird.
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