Ladendiebe immer dreister und brutaler

Gerade in der Vorweihnachtszeit haben Ladendiebe Hochsaison
Berufsdetektive sehen sich verstärkt mit professionellen Banden konfrontiert. Die Angriffe häufen sich.

Die Designerwaren im Fashion Outlet Center im nordburgenländischen Parndorf haben es zwei Serben besonders angetan. Die Modestücke gefallen ihnen so gut, dass sie gleich mehrere mitnehmen – indem sie eine Schicht über die andere anziehen. Die Magnet-Sicherungen haben sie mit einer speziellen Kralle und einem Magnetschneider entfernt. Das Werkzeug dafür wurde im Rucksack mitgebracht.

Berufsdetektiv Andreas Schweitzer und seine Kollegin haben das Duo längst im Visier. Die beiden Serben aber geben sich nicht geschlagen. "Einer versetzt mir einen Stoß, er wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die Anhaltung", schildert Schweitzer. Es kommt zur Rangelei, der Detektiv wird dabei verletzt. Ein Arzt attestierte ihm einen Muskelfaserreinriss am Oberschenkel und eine Prellung am Knie.

Die Verdächtigen werden auf freiem Fuß wegen Diebstahls, Körperverletzung und Nötigung angezeigt. Das sei kein Einzelfall gewesen, sagt Schweitzer, der selbst auch Jurist ist. "Nicht nur die Zahl der Ladendiebstähle steigt. Die Diebe werden auch brutaler."

Das bestätigt der Bundesvorsitzende der Berufsdetektive in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Arthur Häfele. "Die Hemmschwelle sinkt und das organisierte Stehlen nimmt zu. Vor allem bei organisierten Tätern, die aus dem Ausland kommen, ist die Gewaltbereitschaft höher." Manchmal seien es Familienclans, die bei der Durchreise durch Österreich stehlen gehen, sagt der Funktionär.

Rund 700 Millionen Euro beträgt laut WKO der Schaden durch Ladendiebstahl. Insider gehen von einem noch höheren Betrag aus. Einkaufszentren in Grenzregionen sind ein heißes Pflaster. "Es ist nicht die klassische Hausfrau, die einen Lippenstift einsteckt, ohne zu bezahlen. Der Ladendiebstahl wird überwiegend von professionellen, ausländischen Tätern begangen", so Rainer Bierbaumer, Bezirkspolizeichef in Neusiedl am See. Nach dem Coup sei man eben rasch über der Grenze.

"Kaum Sanktionen"

Schweitzer ist verärgert, denn die Sanktionen für Ladendiebe – oft nur Anzeigen auf freiem Fuß – seien seiner Ansicht nach nicht weitreichend genug. "So wie die Cayman Islands ein Paradies für Steuersünder sind, ist Österreich ein Schlaraffenland für Ladendiebe", kritisiert der Jurist. Doch wo liegt das Motiv für die steigende Zahl an Ladendiebstählen? "Es ist sicher nicht so, dass der durchschnittliche Ladendieb so Not leidend ist, dass er die Designer-Lederjacke um 500 Euro stehlen muss. Da steckt meist Gewerbsmäßigkeit dahinter", sagt Schweitzer.

Niedergeschossen

125.000 Ladendiebe haben Berufsdetektiv Walter Pöchhacker und seine Mitarbeiter in den vergangenen 35 Jahren angezeigt. "Der schlimmste Fall war, als vor ein paar Jahren ein Mitarbeiter von einem Ladendieb niedergeschossen wurde." Diese Form der Brutalität sei zwar "zum Glück ein Einzelfall", doch immer öfter kämen Angestellte mit blauen Flecken und Hautabschürfungen von der Arbeit zurück.

Statistiken, wie oft es bei einem Ladendiebstahl zu Körperverletzungen kommt, gibt es nicht, heißt es aus dem Bundeskriminalamt.

Es sei auch nicht immer absehbar, wie sich ein Verdächtiger bei einer Anhaltung verhalten wird, weiß Pöchhacker. "Wir hatten da einen Beamten, der hat gestohlen. Als ihn die Detektivin anhalten wollte, stieß er die Frau nieder und trat auf sie ein. Er hatte panische Angst vor einer Anzeige."

Generell bekämen seine Mitarbeiter die Anweisung, nicht die Helden zu spielen. Wenn absehbar sei, dass es zu großen Auseinandersetzungen kommen könnte, sei es besser, sich zurückzuziehen, meint Pöchhacker. "Auch Weihnachten ist nicht nur das Fest der Liebe, sondern auch das Fest der Diebe."

Ladendiebe immer dreister und brutaler
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Mit dem Weihnachtsgeschäft steigt auch der Einsatz an Detektiven, sagt Lukas Helmberger. 380 Detekteien mit Gewerbeberechtigung gibt es in Österreich, erklärt der Präsident des Österreichischen Detektivverbands (ÖDV). Etwa 600 Berufsdetektive kämen im Dezember zum Einsatz, daneben sind in den Kaufhäusern Securitys im Einsatz.

Es gibt Sicherheitspersonal, das offen auftritt und der Prävention dient. Und es gibt verdeckt agierende Detektive, die zur Aufklärung beitragen. Dass es bei den Anhaltungen auch zu Handgreiflichkeiten kommen kann, sei "berufsbedingt", sagt Helmberger. "Eine Anhaltung ist eben nicht immer ein höflicher zwischenmenschlicher Akt."

Taschenkontrollen können nur auf freiwilliger Basis vorgenommen werden. "Es ist wichtig, die Kunden höflich zu bitten, die Taschen zu öffnen. Meist ist das kein Problem." Ein Detektiv hat, wie jeder Private ein Anhalterecht, wenn er vermutet, dass eine Person eine strafbare Handlung ausübt (§80 Strafprozessordnung). Die Anhaltung muss "verhältnismäßig" sein. "Der Einsatz einer Waffe beim Diebstahl eines T-Shirts wäre da nicht verhältnismäßig", sagt Helmberger.

Eine Notwehrhandlung seitens des Detektives sei nur bei einem rechtswidrigen Angriff erlaubt.

Das Wetter hat sich schon auf Weihnachten eingestellt und der Handel sowieso: Heute ist der erste Einkaufssamstag im Advent und die Kunden wollen ihr hart verdientes Weihnachtsgeld investieren.

Wo sie das tun, hängt auch von der Deko in den Einkaufszentren ab. "Wir glauben, dass die Atmosphäre unseren Kunden sehr wichtig ist, und wir bekommen auch immer wieder Komplimente für unsere Weihnachtsdekoration", sagt Marie Hofmann von der Shopping City Süd.

Um Kunden anzulocken, bietet die SCS heuer wieder einiges: Basteln mit Kindern, eine samstägliche Audienz beim Weihnachtsmann, Kekse backen, einen eigenen Gratis-Eislaufplatz und Weihnachtslieder eines Chors sollen die Menschen in ein Weihnachtswunderland entführen.

Gekauft wird übrigens immer öfter erst gegen Ende der Weihnachtszeit, wie eine Studie der Wirtschaftskammer zeigt: 41 Prozent der Kunden sind sogenannte Late Shopper und kaufen die Geschenke erst in der zweiten Dezemberhälfte. Zum Vergleich: 2007 waren es nur 28 Prozent. Gekauft wird zum Anfang der Adventzeit vor allem hochwertiges Geschirr, Dekorationsmaterial oder Besteck, wie die Untersuchung der WK ergeben hat.

Besonders im Trend liegen laut dem WK-Spartenobmann Rainer Trefelik etwa pastellfarbenes Emailgeschirr, handgeschmiedete Küchenmesser, Damast-Taschenmesser oder japanische Kochmesser. 40 Prozent der Kunden wollen die Geschenke für ihre Lieben übrigens online kaufen. Im Schnitt gibt jeder dafür um die 350 Euro aus.

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