Kurioses Urteil: Pilot für Greifvogel-Effekt bestraft

Der Schatten tief fliegender Flugzeuge stört als Greifvogel-Effekt die Vögel am Boden
Notlande-Übung in Natura-2000-Gebiet kostet Fluglehrer 150 Euro. Verfahren zog sich drei Jahre.

Mitten in der Brutzeit hat im März 2013 ein Fluglehrer mit seinem Schüler über dem Rheindelta in Vorarlberg zum Tiefflug angesetzt. Der simulierte Motorausfall wurde ausgerechnet über einem Natura-2000-Gebiet trainiert. In fünf bis zehn Metern Höhe glitt die Maschine dabei über die Zone.

"Dort herrscht aber ein Flugverbot", sagt Gebietsbetreuer Walter Niederer. Der Biologe wurde Zeuge des Vorfalls und zeigte den Verstoß an. Niederer hielt gerade einen Ausbildungskurs ab, bei dem Naturwächtern ausgerechnet gezeigt wurde, wie Verstöße gegen die Naturschutzauflagen festzuhalten sind. "Ich habe das mit meinem Fotoapparat dokumentiert. Durch die Identifikationsnummer des Flugzeugs war der Pilot leicht zu identifizieren", erzählt der Biologe.

Dass sich das Verfahren danach trotzdem drei Jahre lang zog und erst kürzlich vor dem Landesverwaltungsgericht (LVwG) endete, versteht Niederer nicht: "Wenn jemand auf einer gesperrten Straße auf eine Alm fährt oder mit dem Auto in eine Radarfalle tappt, erhält er ja auch gleich eine Strafe."

Tatsächlich ließ der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz bis September 2015, also knapp zweieinhalb Jahre, auf sich warten. Der Pilot wurde darin zu 300 Euro Verwaltungsstrafe verdonnert. Er versuchte, mit einer Beschwerde gegen das Erkenntnis alle möglichen Gründe anzuführen, warum er sich zu Unrecht beschuldigt sah.

In einem Punkt gab das LVwG Vorarlberg dem Fluglehrer Recht: "Die Störung des Naturgenusses konnte im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden". Die Strafe wurde deshalb auf 150 Euro herabgesetzt. Das Gericht sah aber sehr wohl eine Störung der in dem Gebiet frei lebenden Tiere und präzisierte in diesem Punkt: "Durch die Silhouette des Flugzeuges entstand ein sogenannter ,Greifvogel-Effekt‘", heißt es in dem Erkenntnis.

Für das Gericht stand fest, dass der Schatten des Flugzeugs Vögel aufschrecken und zur Flucht vor einem vermeintlichen Raubvogel veranlassen kann. Die verlassenen Gelege der brütenden Tiere drohen dann auszukühlen oder von Nesträubern zerstört zu werden. Das Rheindelta umfasst den Mündungsbereich des Rheins in den Bodensee, das größte Süßwasser-Delta Europas. Laut Gebietsbeschreibung ist die Schutzzone das bedeutendste Überwinterungsgebiet für Wasservögel in Österreich. Wenn sie im Frühjahr brüten, sind Störungen besonders gravierend.

Flugzeug im Leerlauf

Niederer kann daher nicht verstehen, dass sich der Fluglehrer mit einer Reihe von Einwänden wehrte: "Da zahlt man doch einfach und gut." Der Pilot hielt jedoch entgegen, dass der notwendige Übungsflug nur in einem bestimmten Umkreis des Flugplatzes Hohenems möglich sei und beim simulierten Motorausfall "der Motor in den besonders leisen Leerlaufzustand gebracht" werde. "Wir haben in Vorarlberg nur eine Flugverbotszone. Die wird man doch einhalten können", sagt Niederer dazu.

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