Im 16. Jahrhundert soll die Pest in Weitensfeld gewütet haben. Die Jungfrau von Thurnhof überlebte als einzige Frau mit drei Bürgerssöhnen. Da alle drei Männer um ihre Hand anhielten, forderte sie diese zu einem Wettrennen auf. Der Sieger bekam die Frau, die Pest kehrte nie mehr zurück.
Immaterielles Kulturerbe "Kranzelreiten"
Dem Brauch wird jährlich beim „Kranzelreiten“ in der Gemeinde gedacht. Drei junge Männer liefern sich dann ein Wettrennen, der Sieger darf die steinerne Jungfrau küssen. Doch heuer ist alles anders. Denn alle 25 Jahre wird die steinerne Jungfrau durch eine aus „Fleisch und Blut“ ersetzt. „Wir sind immaterielles Kulturerbe. Das ist Brauch, aber Jungfrauen-Test gibt es jetzt keinen“, erklärt Bürgermeister Franz Sabitzer.
Sein Sohn, Franz junior, wird in diesem Jahr einer der Läufer sein, der um den Kuss der echten Jungfrau wirbt, die gerade als letzte, unter Livemusik-Klängen, den Marktplatz der 2.000-Einwohner-Gemeinde betritt: Marie-Sophie Tatschl.
„Es hat schon gebraucht, bis ich davon überzeugt war, die echte Jungfrau zu sein“, erzählt die 16-Jährige. Aber es sei eine große Ehre und deswegen habe sie schließlich Ja gesagt, sagt die Unternehmerstochter.
Zeitgemäßer Brauch?
Ob der Brauch noch zeitgemäß sei, will man wissen. Die Antwort kommt schnell. Von der Mutter von Marie-Sophie: „Als echte Weitensfelder leben wir diese Tradition. Da ist nichts überholt.“ Dabei habe sich zwischen vorletzter Jungfrau und Sieger durchaus einmal eine Liebschaft entwickelt, wird im Ort gemunkelt.
Erzählt wird aber auch, dass es schwieriger geworden sei, gerade junge Leute für die Tradition zu begeistern, weiß Erich Foditsch, Marktrichter am Pfingstwochenende und laut Tradition jener, der dem Bürgermeister in dieser Zeit für drei Tage das Amt abnimmt.
Wie der Kuss in Corona-Zeiten erfolgt, sei auch noch offen. Bei den Werbern um die Jungfrau – Peter, Franz und Alexander – stehen PCR-Tests an. „Es zählt auch, was das Publikum sehen will“, sagt Alexander. Und Peter fügt hinzu: „Und was meine Freundin dazu sagt.“
Jungfrauen-Mutter, Petra Fladnitzer-Tatschl, will jedenfalls ganz genau hinsehen, was im Schatten der steinernen Jungfrau passiert. Die dann die kommenden 25 Jahre in Weitensfeld wieder im Mittelpunkt steht.
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