Künstliche Intelligenz lässt totes Verkehrsopfer sprechen

Künstliche Intelligenz lässt totes Verkehrsopfer sprechen
Bei einem Viertel aller tödlichen Verkehrsunfälle ist überhöhte Geschwindigkeit die Ursache. Mit einer Warnung aus dem Jenseits lässt eine betroffene Mutter nun aufhorchen.

„Hallo, ich bin die Kati. Also ich war die Kati bis zu dem Unfall“, dringt eine Stimme aus einem Lautsprecher, der direkt vor Sabine Peterbauer steht.

Daneben steht ein Foto ihrer Tochter Katrin Koch. Mithilfe Künstlicher Intelligenz – und zahlreicher Sprachdateien von Kati – konnte ihre Stimme rekonstruiert werden.

KI rekonstruiert Stimme

Vor drei Jahren hat die Salzburgerin ihr Kind bei einem Unfall verloren. Schuld war ein Raser. „Kati ist damals mit ihrem Freund im Auto gefahren. Dann hat auf der Gegenfahrbahn ein Autofahrer überholt und ist frontal in ihren Wagen gefahren“, berichtet Peterbauer bei einem Medientermin am Freitag.

Seither kämpft die Mutter für stärkere Sanktionen gegen Raser und schaffte es auch, sich in der Politik Gehör verschaffen.

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Unverantwortlicher Raser ohne Führerschein

Verkehrsexperten kritisieren die langsame Umsetzung von Sanktionen gegen Raser

Im Dezember vergangenen Jahres präsentierte Ministerin Leonore Gewessler eine entsprechende Gesetzesnovelle. Bei extremen Geschwindigkeitsüberschreitungen sei das Gefährdungspotenzial so hoch, dass das Fahrzeug wie eine Waffe eingesetzt werden kann.

Damit sei eine immense Gefahr für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer verbunden, hieß es damals in den Erläuterungen der Gesetzesnovelle.

Höhere Strafen

Für extreme Geschwindigkeitsüberschreitungen (60 bzw. 70 km/h) soll der Strafrahmen deutlich erhöht werden – hierfür ist künftig eine Geldstrafe von 500 bis 7.500 Euro fällig. Wer trotz vorhandenen Lenkverbots am Steuer erwischt wird, muss künftig 700 bis 2.200 Euro Strafe zahlen.

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Ob die Erhöhung der Strafen aber den gewünschten Effekt hat, wird von Experten bezweifelt. „Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Delikte aufgrund der Verdoppelung der Strafhöhen nicht zurückgehen wird“, sagt etwa ARBÖ-Rechtsexperte Johann Kopinits.

Welche Folgen Raserei im Straßenverkehr haben kann, zeigt auch ein Blick in die Statistik: Überhöhte Geschwindigkeit war in den Jahren 2017 bis 2021 Hauptursache bei mehr als einem Viertel aller tödlichen Verkehrsunfälle in Österreich.

„Österreich ist in Bezug auf Geschwindigkeitsdelikte nach wie vor ein absolutes Negativbeispiel. Auch die Handlungsmöglichkeiten der Exekutive bleiben hier begrenzt“, sagt Christian Schimanofsky, Geschäftsführer des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV).

Pkw-Abnahme
Bei Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 
80 Stundenkilometern im Ortsgebiet oder 90 km/h außerhalb des Ortes sollen Lenker bereits beim ersten Vergehen das Fahrzeug verlieren, wenn es geboten scheint, den Täter von weiteren Raseraktionen abzuhalten

Führerschein
Wenn den Lenkern das Fahrzeug abgenommen wird, ist auch der Schein weg

Anzeigen
Gab es im Jahr 2021 noch rund fünf Millionen Anzeigen wegen überhöhter Geschwindigkeit, stieg diese Zahl  im Vorjahr auf sechs Millionen an

Gemeinsam mit Peterbauer kritisiert der Verein die schleppende Umsetzung der Sanktionsmaßnahmen gegen Raser. Mit der künstlichen Stimme des Unfallopfers Katrin Koch wolle man bei Betroffenen nun mehr Bewusstsein für die Folgen ihres Handels schaffen.

Bewusstsein fehlt

Das Bewusstsein, was das eigene Fahrverhalten betrifft, scheint vor allem in Österreich nicht sonderlich ausgeprägt zu sein, wie eine Studie des KFV zeigt. Jeder dritte Teilnehmer gab an, trotz überhöhter Geschwindigkeit nach wie vor sicher zu fahren. 19 Prozent gaben an, häufig schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit zu fahren.

Genau das will Peterbauer verhindern. Mithilfe ihrer toten Tochter: „Künstliche Intelligenz kann meine Stimme wieder zum Leben erwecken. Mich aber nicht. Steig runter vom Gas“, lautet der letzte Satz ihrer Audioaufnahme, die in den kommenden Wochen im Radio ausgestrahlt wird.

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