Betrug durch vermeintliche Polizisten
Auch östlich des Landeskriminalamts Kärntens wird diese Einschätzung geteilt. „Alle Formen des Betrugs im Netz sind gestiegen. Weil die Leute viel daheim und viel online waren“, erklärt Franz Popp, Landespolizeidirektor in Niederösterreich. Doch auch abseits des World Wide Web halten Betrüger die Kriminalisten auf Trab. „Vor allem der Polizeibetrug hat zugenommen. Falsche Polizisten melden sich und behaupten, man würde auf einer Einbruchsliste stehen. Darum würden sie zur Sicherheit vorbeikommen und Schmuck und Bargeld sicherstellen“, sagt Popp.
Fällt das Wort Cybercrime im Büro von Gottlieb Türk, folgen Worte wie Darknet, Drogen und das Jahr 2018. Insgesamt 25 Drogentote waren damals in Kärnten zu beklagen. Türk erklärt, dass es sich um Mischkonsum gehandelt habe, um jahrelang Abhängige, für die das Betreuungsangebot gefehlt habe, und nennt die Zahl der Drogentoten im Jahr 2020: Fünf. „Die Suchtgiftkriminalität ist ein großes Problem und hat sich durch das Darknet verändert“, sagt Türk. Das Darknet ist ein verborgener Teil des Internets, auf das User mit einem speziellen Browser zugreifen können. Dort kann völlig anonym von Drogen über Waffen bis zum Auftragsmörder alles erstanden werden. Geliefert wird meist per Post.
Drogen kommen per Post
„Somit gelangen Drogen bis ins letzte Tal“, sagt Türk. Hinzu kämen in Kärnten Drogen, die häufig ihren Weg über die Grenze von Slowenien finden. „Sogar Berufspendler wurden als Drogenkurier genutzt“, sagt Türk. Doch genau hier hat Corona den Kriminellen 2020 einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn die mobilen Banden aus dem Ausland, die extra für Delikte nach Österreich reisen, kamen nicht über die Grenzen. „Aber sie ziehen die Fäden im Hintergrund. Es gibt viele Bosse, die im Ausland sitzen und von dort ihre Mittelsmänner in Österreich steuern“, erklärt Landespolizeidirektor Popp.
Anders verhält es sich bei Einbruchsdelikten. Hätte es vor Corona einzelne Wochen gegeben, in denen in Kärnten bis zu 40 Dämmerungseinbrüche angezeigt wurden, waren es während der Pandemie zwei wöchentlich. Diesen Trend bestätigt das Bundeskriminalamt für ganz Österreich. „Die Einbruchsdelikte sind zurückgegangen. Die Leute waren Zuhause, das schreckt Einbrecher ab“, sagt Sprecherin Kahn. Ähnliches galt für Kfz-Diebstähle.
Beobachtungen, die auch Popp bestätigt. „Wir haben die Rückgänge vor allem während der Lockdowns bemerkt.“ Eine Ausnahme bilden Kellereinbrüche. Hier gab es in Niederösterreich einen deutlichen Anstieg. Österreichweit blieben sie auf dem Niveau von 2019.
Keine massive Zunahme bei Gewaltdelikten
Überraschend für die beiden Polizei-Chefs ist die Entwicklung bei den Gewaltdelikten. Zu Beginn der Pandemie war befürchtet worden, dass diese massiv ansteigen. „Wir haben einen Anstieg bei der Zahl der Wegweisungen und Annäherungsverbote, aber bei Weitem nicht in dem Ausmaß, in dem er befürchtet wurde“, sagt Landespolizeidirektor Popp. Was in Niederösterreich aber gestiegen ist, sind Sittlichkeitsdelikte.
Wie wird sich 2021 aus kriminalistischer Sicht entwickeln? In Niederösterreich und Kärnten herrscht Einigkeit: Der weitere Verlauf der Pandemie wird den weiteren Verlauf der Kriminalität bestimmen.
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