Krankenhaus Nord: Die aussichtlose Mission

Krankenhaus Nord: Die aussichtlose Mission
U-Kommission steht bei Aufklärung der politischen Verantwortung vor großen Schwierigkeiten

Eigentlich sollten in dem Glas- und Betonbau in der Floridsdorfer Brünner Straße schon seit 2016 Patienten nach allen Regeln der modernen Medizin behandelt werden. Doch selbst wenn das Krankenhaus Nord 2019 tatsächlich eröffnet werden sollte, wird es wohl vor allem ein Mahnmal für Misswirtschaft und Steuergeld-Verschwendung bleiben.

Wer für dieses Desaster, die enormen Zeit- und Kostenüberschreitungen die politische Verantwortung trägt, soll nun eine Untersuchungskommission klären, die nach monatelangem Gezerre am 20. Juni ihre Arbeit aufnahm. Eineinhalb Monate und zwei Arbeitssitzungen später regen sich aber erste Zweifel, ob das tatsächlich gelingen kann.

Verglichen mit den anderen Skandalen, die bisher in U-Kommissionen behandelt wurden (z.B. Missstände in der Psychiatrie) erscheint die Skandal-Baustelle als zu komplex, als dass sämtliche Fehlentwicklungen in der knapp bemessenen Zeit aufgearbeitet werden können. Denn bereits Ende März muss die Kommission ihre Arbeit schon wieder abschließen. So wird wohl nur ein Bruchteil der Zeugen aussagen können, die die Opposition befragen will (allein die ÖVP wollte mehr als hundert vorladen).

Stetiger Wechsel

Erschwerend kommt hinzu, dass in den vergangenen Jahren die Verantwortlichen für das Projekt stetig wechselten, sowohl auf der politischen Ebene, als auch innerhalb des Wiener Krankenstaltenverbunds ( KAV). Allein als Gesundheitsstadtrat waren mit Renate Brauner, Sonja Wehsely, Sandra Frauenberger und seit Kurzem Peter Hacker vier Personen für das Projekt seitens der Stadtregierung zuständig. Das macht es jedem einzelnen einfach, vor der U-Kommission die Verantwortung für die Misere auf die jeweiligen Vorgänger oder Nachfolger abzuwälzen. Dass die mangelnde Kontinuität im Management auch dem Projekt selbst geschadet hat, hat nicht zuletzt der Rechnungshof festgestellt.

Und sollte tatsächlich ein politischer Verantwortlicher gefunden werden, wird er keine gröberen Konsequenzen fürchten müssen. Haben doch Brauner, Wehsely und Frauenberger der Politik längst den Rücken gekehrt. Hacker wiederum kam erst ins Amt, als die Milch bereits vergossen war und es nur mehr um Schadensminimierung ging.

Fokus verloren

Umso mehr wäre ein koordiniertes Vorgehen der Oppositionsparteien FPÖ, ÖVP und Neos in der U-Kommission erforderlich. Doch davon war bis dato nicht viel zu bemerken. Statt sich gemeinsam auf die Kernfragen zu konzentrieren, verlor man sich etwa bei der Befragung von KAV-Direktor Herwig Wetzlinger in Details und kuriose Nebensächlichkeiten wie etwa die Bedeutung von Esoterik im Spitalsbereich. Ein gefundenes Fressen für die Medien, allerdings mit beschränktem Erkenntnisgewinn. Dass seitens der Regierung allen voran die SPÖ wenig Interesse daran hat, war zu erwarten und wird durch die harmlosen Gefälligkeitsfragen ihrer Kommissionsmitglieder bestätigt.

Mehr Tempo

Immerhin: Die Vorsitzende Elisabeth Rech will aufs Gaspedal drücken und die Zahl der Sitzungen erhöhen. Ob die Beteiligten in der Lage sind, die gewonnene Zeit sinnvoll zu nützen, wird sich frühestens am 21. August zeigen, wenn die U-Kommission das nächste Mal im Rathaus zusammentrifft.

 

Baustelle Krankenhaus Nord

Eckdaten

Um die medizinische Versorgung der Großbezirke Floridsdorf und Donaustadt zu verbessern, beschloss die Stadt Wien zu Beginn der 2000er-Jahre die Errichtung des neuen Spitals.Es soll über 789 Betten verfügen und rund 2500 Mitarbeiter beschäftigen.

Baustart

Die Grundsteinlegung erfolgte am 18. September 2012 durch Bürgermeister Michael Häupl und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (beide SPÖ). Damals ging die Stadt Wien  noch von Gesamtkosten über 825 Millionen Euro und einem Vollbetrieb im Jahr 2016 aus.

Kontrollverlust

Im Laufe der folgenden Jahre kam es zu einem stetigen Anwachsen der Kosten und einer wiederholten Verschiebung des Eröffnungstermins.  Derzeit kalkuliert die Stadt mit Gesamtkosten von 1,34 Milliarden Euro. Der Vollbetrieb soll im Herbst 2019 erreicht werden. Zuletzt hatte der Rechnungshof massive Mängel, vor allem  bei der Steuerung der Baustelle festgestellt. Als Reaktion darauf wurde im März 2018 eine U-Kommission des Gemeinderats einberufen.
 

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