Das Griss um Kunden im Dorado der Skilehrer

Reinhard Ranner (Mi.) vermarktet sich mit 43 anderen Einzelskilehrern über einen Verein.
Nirgendwo sonst gehen so viele Gäste mit Privatskilehrern in den Schnee wie am noblen Arlberg.

Audrey aus Deutschland schwingt vor dem Bergrestaurant der Sonnenkopfbahn ab. Die 42-Jährige hat eine Skitour in den Bergen über Wald am Arlberg hinter sich. Seit 27 Jahren kommt sie im Winter ins nahe Lech und verbringt gerade wieder einen 14-tägigen Urlaub mit ihrer Familie in dem Skiort. "Wenn es geht, bin ich jeden Tag im freien Gelände", erzählt die Bielefelderin. Und dabei lässt sie sich stets von einem Guide begleiten. "Ich würde im Leben nicht alleine gehen", sagt sie.

330 Euro pro Guide

Rund 330 Euro pro Tag kostet die fachkundige Begleitung, die Audrey heute von den "High Zürs Skiguides" (HZSG) gestellt wurde. Die haben im Vorjahr für einen Aufruhr am Arlberg gesorgt. Denn bei dem Verein handelt es sich um einen Zusammenschluss von Ski fahrenden Ich-AGs, die sich seit der vergangenen Saison gemeinsam vermarkten. Und damit der eingesessenen Skischule Zürs Konkurrenz machen, in der der Großteil der Rebellen bis vor wenigen Jahren tätig war.

"Wir haben den Verein gegründet, um ein gemeinsames Erscheinungsbild vorweisen zu können", erklärt Reinhard Ranner, einer von 44 Skiguides der HZSG, die neben Skiunterricht vor allem Touren in den Tiefschnee anbieten. Der 45-jährige Kärntner geht heuer in seine 25. Saison am Arlberg. Dass er und seine Kollegen sich von der Skischule losgesagt haben, hat einen finanziellen Hintergrund. Die Gebietskrankenkasse (GKK) hat vor drei Jahren das bis dahin in Vorarlberg gängige Modell gekippt, wonach Skilehrer in jeder Saison zu Gesellschaftern der Skischulen gemacht wurden. Die GKK sah eine Anstellungspflicht.

Für die Skilehrer wäre ein echtes Dienstverhältnis mit enormen finanziellen Einbußen verbunden, wie sie sagen. 2011 hat der Vorarlberger Landtag die Möglichkeit geschaffen, dass Diplom-Skilehrer als konzessionierte Einzelskilehrer unterrichten dürfen. Eine Massenflucht alteingesessener Profis von ihren Arbeitgebern war die Folge.

Viel Geld im Spiel

Wie heftig das Griss um Kunden am Arlberg ist, zeigt auch die große Zahl von illegalen Skilehrern, die auf weit über 100 geschätzt wird. Die Region gilt in der Welt betuchter Tiefschneefans als El Dorado und ist es daher auch für Skilehrer. "Die Gäste haben viel Geld und wünschen sich einen guten Führer. Zu Weihnachten werden 150 Guides benötigt. Das gibt es nur am Arlberg", erklärt Ranner.

Im Büro seines ehemaligen Chefs herrscht indes Hochbetrieb. "Wir haben 160 Skilehrer im Einsatz", sagt Martin Kefer, der Geschäftsführer der Skischule Zürs. 90 Prozent der Kundschaft, 5000 bis 6000 Gäste pro Saison, sind Privatkunden, die Einzelunterricht oder Begleitung in den Tiefschnee wünschen. "Das gibt es sonst nirgendwo", sagt auch Kefer.

Er ist 1968 als Skilehrer gekommen und hat bis zuletzt für das Gesellschafter-System gekämpft. Nun sieht der Salzburger Parallelen zu vergangenen Zeiten. "In den 1920er-Jahren haben sich die Skilehrer unten in Langen am Bahnhof um die ankommenden Gäste gestritten. Um das zu beenden, wurde 1928 die Skischule gegründet", erzählt der 65-Jährige.

Er gesteht, dass ihn die Gründung des Vereins seiner einstigen Mitarbeiter anfangs geärgert hat: "Das waren meine Buben. Sie sind mit einem Rucksack voller Gäste gegangen, was ihr Recht ist. Aber jetzt sehen sie, was Selbstständigkeit heißt." Eines glaubt Kefer aber nicht: Dass ihm die Kundschaft ausgeht.

Erste Skischule

Als „die Wiege des alpinen Skilaufs“ vermarkten sich die Skigebiete auf Tiroler und Vorarlberger Seite des Arlbergs gemeinsam.

Ende des 19. Jahrhunderts zogen auf dem Bergmassiv Ski-Pioniere ihre Spuren in den Schnee. Und Hannes Schneider, der Wegbereiter des modernen Skilaufs, sah dabei auf die Beine und entwickelte die „Arlberg-Technik“.

1921 gründet der 1890 in Stuben (Vbg.) geborene im Tiroler St. Anton die erste Skischule Österreichs.

1926 „erfindet“ Schneider gemeinsam mit Tourismus-Pionier Rudolf Gomperz den Wochenkurs mit Vollpension.

Erschließung und Vertreibung

1937 geht in Zürs der erste Schlepplift Österreichs in Betrieb. Die mechanische Erschließung des Arlbergs startet. Schneider muss 1939 auf Druck des NS-Regimes in die USA emigrieren. Dort baut er ein Skigebiet auf. Der Wiener Jude Gomperz wird 1941 von den Nazis ermordet.

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