Köstendorf: Neues Leben für den Dorfplatz
Gertraud Reiter hat in einem alten Laden am Dorfplatz in der Salzburger Gemeinde Köstendorf, Flachgau, alle Hände voll zu tun. Die Gemüsebäuerin aus Wals kommt jeden Freitag und Samstag, um ihre selbst angebauten Produkte zu verkaufen. Die Nachfrage ist groß. Ein Treffpunkt für Jung und Alt: Die Senioren schätzen den kurzen Weg zum Lebensmittelkauf. Eine Kindergartengruppe holt Kartoffeln für den eigenen Anbau ab.
"Die Leute sagen, wenn wir nicht da sind, ist der Dorfplatz wie ausgestorben", erzählt Reiter. In Köstendorf kennen die Bewohner die typischen Probleme einer kleinen Gemeinde auf dem Land. Großmärkte an den viel befahrenen Straßen haben die Wertschöpfung aus den Ortskernen abgezogen. In den vergangenen Jahren ist es auch im Köstendorfer Zentrum ruhiger geworden. Einige Betriebe sind verschwunden. Die Schneiderei, der kleine Nahversorger, eine Bäckerei, Wirtshäuser – alle geschlossen. Die Gebäude stehen nun leer, in bester Lage.
Neue Hoffnung
Wenn Gertraud Reiter an den beiden Tagen in der Woche ihre Waren verkauft, kommen auch Besucher aus den umliegenden Gemeinden. Hunderte sollen es sein. Am beschaulichen Dorfplatz ist dann wieder etwas los. Claudia Berger ist Freitagvormittag eigens aus dem Nachbarort Neumarkt hergekommen – obwohl es dort viele Nahversorger gibt. "So etwas wie hier gibt es sonst nirgends und das ist einfach toll", schwärmt Berger, die sichtlich große Freude am Einkaufen in dem urigen Laden hat.
In den Kisten bei der "Traudi", wie Reiter genannt wird, liegen etwa Karotten, die es wegen ihrer Form in keinen Supermarkt schaffen würden. Ihren Kunden ist das egal. Regionale Produkte sind wieder gefragt, sagt sie. Neben Gemüse finden sich weitere Spezialitäten aus der Region: Bauernkrapfen, Pofesen, Fleisch- und Wurstwaren.
Neben dem Geschäft war früher eine Schlecker-Drogerie. "Zu verkaufen" steht in der Auslage. Die Suche nach einem Nachfolger war vergeblich, erzählt Bürgermeister Wolfgang Wagner (ÖVP). Vor allem für junge Familien sei das ein Problem – für Dinge des täglichen Bedarf müssen sie sich seither ins Auto setzen.
Bis zu 45.000 Euro bekommt die 2500-Einwohner-Gemeinde für Planungskosten zugeschossen, um das Zentrum wieder aufzuwerten. "Ich bin sehr froh, dass wir ausgewählt worden sind, weil bei uns von der dörflichen Struktur mit unseren kleinen Betrieben im Zentrum noch nichts zerstört ist", meint Wagner.
Er ist erleichtert, dass zumindest eines der früheren Gaststätten erhalten geblieben ist. "Ein Wirtshaus ist für den Ort und die Dorfgemeinschaft sehr wichtig", sagt Senior-Chefin Eva Frauenschuh. Die Zukunft ist gesichert. Ihre Tochter und der Schwiegersohn haben den Betrieb inzwischen übernommen.
Neben Köstendorf hat das Land Neumarkt (Flachgau) und Radstadt (Pongau) zu Pilotgemeinden ernannt. Die Orte sollen mit finanzieller Unterstützung Pläne ausarbeiten, um ihre Zentren wiederzubeleben. Für Frequenz soll ein guter Branchen-Mix sorgen: Laut Berechnungen der für Raumordnung zuständigen Landesrätin Astrid Rössler (Grüne) bringe ein gutes Wirtshaus bis zu 200 Fußgänger am Tag, eine Bäckerei bis zu 300, eine Drogerie gar bis zu 500 Fußgänger.
Im Fokus steht auch das Thema Wohnen. Leer stehende Gebäude in den Ortszentren sollen wieder genutzt werden. Dazu ist eine Novelle der Wohnbauförderung in Arbeit. Fünf Millionen Euro will die Landesregierung den Gemeinden zur Verfügung stellen, um ungenützte Objekte aufzukaufen.
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