Karfreitag: Feiertagskritiker machen selbst blau

Karfreitag: Feiertagskritiker machen selbst blau
Einige Behörden und Institutionen haben nur Notbetrieb. Für die Wirtschaft ist es ein normaler Arbeitstag.

Die „Österreicher haben mit 13 Feiertagen schon jetzt mehr als die Arbeitnehmer der meisten Länder“, schrieb die Wirtschaftskammer zuletzt in einer Aussendung. Ein Arbeitnehmer, der keiner Religionsgemeinschaft angehört, hatte wegen Diskriminierung geklagt (siehe Zusatzbericht). Er muss anders als evangelische Kollegen am Karfreitag arbeiten und bekommt keinen Feiertagszuschlag. Ob das so bleibt, entscheidet der Europäische Gerichtshof mit Sitz in Luxemburg.

In der Wirtschaftskammer selbst kann jedoch ein beträchtlicher Teil der Mitarbeiter legal blaumachen. Eine Gleitzeit-Regelung macht’s möglich. Viele nehmen sich daher am Karfreitag einen freien Tag. Eine Mindestbelegschaft muss aber da sein. Am Nachmittag gibt es Rufbereitschaft.

Erinnerung

Für die katholische Kirche ist der Karfreitag ein Feiertag. Er erinnert an die Kreuzigung von Jesus Christus. Gemäß den Dienstordnungen der kirchlichen Einrichtungen und Diözesen ist der Karfreitag üblicherweise arbeitsfrei. In der Erzdiözese Wien dürfen die Mitarbeiter auch am Gründonnerstag zu Hause bleiben.
Für die Bediensteten der Arbeiterkammer hingegen ist der Freitag vor Ostern ein ganz normaler Arbeitstag. Lediglich Mitarbeiter mit evangelischem Glaubensbekenntnis haben frei.

Derzeit gibt es in Österreich keine einheitliche Regelung für den Freitag vor Ostern, sondern den jeweiligen Firmen und Institutionen angepasste Lösungen. Große Unternehmen wie OMV oder voestalpine haben ähnliche Regelungen wie die Arbeiterkammer. Evangelische Mitarbeiter dürfen dem Gesetz entsprechend zu Hause bleiben. Ansonsten werden die gesetzlichen Feiertage eingehalten oder es wird ein Feiertagszuschlag ausbezahlt. Wobei das Verhältnis zu einer Glaubensgemeinschaft nicht notwendigerweise darauf schließen lässt, wie man mit dem Karfreitag umgeht. Der Wiener Magistrat orientiert sich an den Arbeitszeit-Regelungen für Silvester und den Heiligen Abend: Es gibt Parteienverkehr bis 11.30 Uhr. Dann sind die Ämter geschlossen.

In Institutionen oder Behörden mit Gleitzeit-Modellen, wie in der Wirtschaftskammer, ist die Versuchung groß, den ganzen Freitag oder zumindest die Stunden am Nachmittag schon vorher einzuarbeiten. Im Wirtschaftsministerium gibt es am Karfreitag nur Journaldienste und keinen Parteienverkehr. Das Bürgerservice ist geschlossen.

Ganz anders sind die Vorgaben im Lebensmitteleinzelhandel. Die Tage vor Ostern sind für den Umsatz wichtig. Da kann man nicht zusperren.

Unterschiedlich sind die Karfreitag-Regelungen bei den verschiedenen Landesregierungen. Während in Kärnten, Tirol, Salzburg und Oberösterreich ein normaler Arbeitstag auf dem Programm steht, dürfen die Mitarbeiter der Landesregierungen in Vorarlberg und der Steiermark den Nachmittag blaumachen. In Niederösterreich müssen die Landesbediensteten nur vier Stunden arbeiten – ob am Vor- oder Nachmittag, ist in diesem Fall egal. Nur im Burgenland bleibt das Amt der Landesregierung am Karfreitag den ganzen Tag geschlossen.

Sonderurlaubstag

In Oberösterreich wurde der Karfreitag übrigens erst im Jahr 2011 zu einem Arbeitstag, weshalb bei einigen offiziellen Stellen Sonderregelungen notwendig wurden.
Ein Beispiel ist die Stadt Linz. Mitarbeiter, die vor dem Stichtag am 30. November angestellt wurden, hätten aufgrund ihrer Verträge auch nach der neuen Vereinbarung weiterhin frei bekommen. Für alle anderen wäre der Karfreitag ein Arbeitstag gewesen – ebenso verhielt es sich übrigens mit Allerseelen.

Als Lösung führte die Stadt Linz einen Sonderurlaubstag ein. Jeder städtische Bedienstete kann sich einen zusätzlichen Tag pro Jahr für „lebensphasenabhängige Bedürfnisse“ als Urlaub bei vollen Bezügen freinehmen. Die Freizeit kann ohne Begründung an jedem beliebigen Datum konsumiert werden.

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über den Karfreitag kann weitreichende Konsequenzen haben. Die evangelische Kirche befürchtet, dass sie einen ihrer wichtigsten Feiertage verlieren könnte und Protestanten künftig am Freitag vor Ostern arbeiten müssen.

Es kann aber auch ganz anders ausgehen: Es ist möglich, dass der Karfreitag zu einem Feiertag für alle wird. Wirtschaftskammer und Industrie sind gegen eine solche Lösung. Sie wollen keine zusätzliche Belastung für die Unternehmen.

Zumal es in Österreich 16 anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften gibt. Es ist gut möglich, dass etwa auch die Islamische Glaubensgemeinschaft Feiertage anmeldet.

Derzeit sind es 13 staatliche Feiertage, an denen alle Arbeitnehmer frei haben. Dazu kommt der Karfreitag für Evangelische und der Versöhnungstag für die Juden. Beide Gruppen sind nicht so zahlreich, dass es in Österreich zu großen Problemen kommt, wenn sie einen Tag nicht am Arbeitsplatz sind.

Etwas anders ist das bei den Muslimen. Deren Anteil an der Bevölkerung beträgt mehr als sieben Prozent; in Wien sind es ungefähr zwölf Prozent. Es gibt eine beträchtliche Anzahl an Unternehmen mit einem hohen Anteil an islamischen Mitarbeitern.

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