Kampf gegen einarmige Banditen beginnt wieder von vorne
Das Parlament hat Ende Februar das Glücksspielgesetz überholt. Doch für Vorarlbergs Sicherheitslandesrat Erich Schwärzler (ÖVP) ist das kein wirklicher Trost: "Das beleidigt den Hausverstand. Unsere Mitarbeiter haben in den vergangenen eineinhalb Jahren 1000 Glücksspielautomaten beschlagnahmt. 60 Prozent davon mussten wir zurückgeben."
Dabei sind einarmige Banditen in Vorarlberg ausnahmslos verboten, der Betrieb solcher Geräte also in jedem Fall illegal. Die Beschlagnahmungen waren trotzdem rechtswidrig. Glücksspielbetreiber haben im Vorjahr beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein Urteil erwirkt, das die Aufhebung von österreichweit Hunderten Bescheiden zur Folge hatte. In den angefochtenen Fällen, hätten laut dem Entscheid nicht die Verwaltungsbehörden, sondern die Gerichte aktiv werden müssen.
Schuld an der Misere war eine Doppelgleisigkeit. Bis zu einem Einsatz von 10 Euro pro Spiel fällt der Kampf gegen das kleine Glücksspiel in das Aufgabengebiet der Bezirkshauptmannschaften. Bis zu dieser Grenze liegt es nämlich laut Glücksspielgesetz im Machtbereich der Länder, Lizenzen für die Automaten zu vergeben. Das lukrative Geschäft lassen sich derzeit nur Tirol, Vorarlberg und Salzburg entgehen. Übersteigt der Einsatz pro Spiel 10 Euro war das Betreiben eines Automaten ein Vergehen gegen das Strafgesetz. Und somit waren laut VfGH Gerichte und nicht BHs zuständig. Das machte die Beschlagnahmung von Hunderten Glücksspielgeräten rechtswidrig.
Das große Geld
Wie vieles in der ganzen Geschichte verwundert die Tatsache, dass Automatenbesitzer wegen eines offensichtlich nicht legalen Geschäfts bis vor das Höchstgericht ziehen. Der Salzburger Anwalt Gerald Kopp hat eine einfache Erklärung dafür: "Weil man mit den Automaten viel Geld verdienen kann." Er hat österreichweit Glücksspielveranstalter in Hunderten Fällen vertreten. "Darunter war unter anderem eine ausländische Gesellschaft, die alleine 700 bis 800 Geräte aufgestellt hat", erzählt Kopp bei der Frage nach den Dimensionen des Geschäfts der Automatenbetreiber.
Nun hat der Nationalrat versucht, die aufgedeckte Gesetzeslücke zu schließen. "Mit einer Vollzugskonzentration im Verwaltungsrecht werden jetzt Doppelgleisigkeiten vermieden", heißt es dazu aus dem Finanzministerium. Im Glücksspielgesetz ist nun verankert, dass die Verwaltungsbehörden unabhängig von der Höhe der Einsätze den einarmigen Banditen das Handwerk legen sollen. Doch Landesrat Schwärzler zögert noch, seine Mitarbeiter wieder auf die Glücksspielautomaten anzusetzen. "Wir werden zuerst mit allen Bundesstellen sprechen." Schwärzler will sichergehen, dass die Arbeit dieses Mal nicht umsonst ist.
Eine Befürchtung, die nicht von ungefähr kommt. Zumindest wenn es nach Gerald Kopp geht. Für den Juristen ist die Gesetzesänderung "stümperhaft gemacht." Nach wie vor gebe es neben dem Glücksspielgesetz einen Paragrafen im Strafgesetzbuch zum illegalen Glücksspiel. Und die würden im Widerspruch stehen. "So lange das so ist, werden Beschlagnahmungen von allen Beteiligten bekämpft."
Im Fenster einer kleiner Bar in Nähe des Innsbrucker Hauptbahnhofs blinken bunte Lichterketten. Ein paar Gäste sitzen am Tresen. Über steile Treppen geht es hinunter zu den Toiletten. Vor den WC-Türen ist ein Glücksspiel-Automat in eine Nische gequetscht. Günther Wanker schiebt einen 50-Euro-Schein in den Geldschlitz und kann es kaum glauben. Der Wiener drückt ein Mal auf einen Knopf und der ganze Einsatz ist verspielt. "Das ist der extremste Automat, den ich in zwei Jahren gesehen habe."
Und Wanker hat viele dieser sogenannten Video-Lotto-Terminals (VLT) gesehen. Mit seinem Verein "Stop Gaming" hat er dem "kleinen Glücksspiel" den Kampf angesagt. Akzeptiert ein einarmiger Bandit mehr als 10 Euro Einsatz pro Spiel, handelt es sich jedoch immer um illegales Glücksspiel. Und diese Grenze überschreitet der Automat in dem Innsbrucker Beisl bei Weitem. Ganz abgesehen davon sind diese Apparate in Tirol – wie auch in Salzburg und Vorarlberg – generell verboten.
Doch man muss nicht lange suchen, um sie zu finden. Ein paar Ecken weiter in einem Wettbüro stehen wieder zwei. Den einarmigen Banditen fehlt der Hebel, dem sie ihren Namen verdanken. Eine Taste hat ihn ersetzt. Trotzdem ziehen die Geräte den Spielern, die an ihnen ihr Glück versuchen, das Geld aus der Tasche. "Die Spieler leben von der Hoffnung", sagt Wanker. Die meisten kommen aus sozial schwachen Schichten. Das kleine Glücksspiel bedeutet für sie meist eines: große Verluste.
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