Juwelendiebe: "White Bears" lösen Pink Panthers ab
Bewaffnete Cobra-Beamte, Spürhunde und ein abgedunkelter Gerichtssaal aus Angst vor Scharfschützen. Die Sicherheitsvorkehrungen, unter denen morgen, Mittwoch, der Prozess gegen Milovan B. in Graz fortgesetzt wird, sind so scharf wie zuletzt bei den Dschihadisten-Prozessen.
Verhandelt wird nämlich nicht irgendein Juwelenraub, sondern einer, der die Handschrift der berüchtigten Pink-Panther-Bande trägt. Der 30-jährige Montenegriner soll im Februar 2015 mit zwei Komplizen einen Nobeljuwelier in der Grazer Herrengasse überfallen haben.
Verwirrung bei Prozess
B. soll zunächst mit einem Blumenstrauß in der Hand an der Tür geläutet haben. Als ihm vertrauensselig geöffnet wurde, stürmten zwei Männer herein und bedienten sich in den Vitrinen. B. soll die Mitarbeiter mit einer vermeintlichen Pistole (die nur eine Softgun war) in Schach gehalten haben. Der Coup dauerte weniger als drei Minuten. Die Beute: 129 Rolex-Uhren im Wert von knapp 770.000 Euro.
"Das Geschäft wurde vorher gut ausgekundschaftet, der eigentliche Überfall verlief dann blitzschnell und die Mitarbeiter wurden nur eingeschüchtert, nicht verletzt", erklärt Ernst Geiger, Leiter der Abteilung für organisierte Kriminalität beim Bundeskriminalamt (BK). "Aufgrund der Vorgangsweise gehen wir davon aus, dass es sich um die Pink Panthers gehandelt hat."
Vor Gericht lässt sich das allerdings immer schwerer beweisen. Am Mittwoch hätte ein Kronzeuge der Staatsanwaltschaft, der derzeit in der Schweiz inhaftiert ist, per Videokonferenz gegen Milovan B. aussagen sollen. Das wurde aber wegen einer Formalität kurzfristig abgesagt.
Eine Gutachterin, die DNA-Spuren am Hemdkragen eines Mitarbeiters untersucht hat, relativierte beim letzten Prozesstermin am 3. Februar ihre Aussage. Es handle sich um Mischspuren, die dem Angeklagten nicht eindeutig zugeordnet werden können. Am Mittwoch soll sie erneut Stellung nehmen.
Auch die Mitarbeiter, die dem unmaskierten Räuber gegenüberstanden, sind der Reihe nach "umgefallen". Niemand will Milovan B. als Täter mit dem Blumenstrauß wiedererkennen – zumindest nicht mit der vor Gericht notwendigen "99,8-prozentigen Sicherheit".
Die Pink Panthers kommen aus Ländern des ehemaligen Jugoslawien, wo sie wie Volkshelden gefeiert werden. Junge Männer ohne Arbeit und Perspektive werden etwa in Kroatien und Serbien rekrutiert, um weltweit Überfälle auf Nobeljuweliere zu begehen.
Schlagzeilen machten etwa ein millionenschwerer Coup in Dubai im Jahr 2007 oder ein Gefängnisausbruch in der Schweiz 2013. Damals durchbrachen die Befreier das Tor der Gefängnismauer und feuerten mit Maschinengewehren auf die Justizwache. "Es handelt sich hier um Profi-Verbrecher, die vor nichts zurückschrecken", sagt BK-Ermittler Geiger. Interpol geht von rund 120 Überfällen bis 2009 aus, die Blütezeit in Österreich war zwischen 2011 und 2013.
Konkurrenz aus Litauen
Mindestens ein Coup wird ihnen bereits zugeschrieben: In Villach wurden im Oktober 2015 die Mitarbeiter eines Juweliergeschäfts gefesselt und mit Pfefferspray attackiert. Zwei litauische Staatsbürger wurden festgenommen, einer ist erst 17 Jahre alt.
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