Justizdaten verkauft: Verurteilte Beamte unter Beobachtung

Verurteilte Gerichtsvollzieher haben nach wie vor Zugang zu heiklen Daten
Gerichtsvollzieher: Drei Mitarbeiter verloren Amt, die meisten haben weiter Zugang zu sensiblen Daten.

Die so genannte Justizdaten-Affäre hat das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit schwer erschüttert: 13 Bedienstete von Bezirksgerichten zwischen Bezau in Vorarlberg und Zwettl in Niederösterreich haben ohne dienstlichen Auftrag vermögensrechtliche und andere persönliche Informationen über rund 100.000 Bürger aus dem elektronischen Justizregister an den Betreiber einer Wiener Kreditauskunftei verkauft.

Die Daten landeten bei Banken und Kreditinstituten. Der (zu einer teilbedingten Haftstrafe verurteilte) Auftraggeber machte mit der Verwertung der Daten Millionen, die Gerichtsvollzieher, Rechtspfleger und Kanzleikräfte verdienten sich von 2002 bis zum Auffliegen der Affäre 2010 rund 300.000 Euro Körberlgeld.

Die Justiz ist noch immer mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. 2013 wurden die Gerichtsbediensteten zu bedingten Strafen verurteilt. Bei drei Justizbeamten reichten die Urteile (über zwölf Monate bedingt) für einen gesetzlich zwingenden Amtsverlust, ein Vertragsbediensteter wurde entlassen, die meisten sind aber nach wie vor im Dienst und haben Zugang zu sensiblen Daten.

Drei Monatsbezüge

Daran haben vorerst – Berufungen sind anhängig – auch die von der Disziplinarkommission zusätzlich verhängten Sanktionen nichts geändert: Sie erschöpften sich trotz illegaler Datenabfragen in bis zu 20.000 Fällen in Geldstrafen zwischen einem und drei Monatsbezügen für zwei Gerichtsvollzieher und einen Amtsdirektor. Wobei das längere Zurückliegen der Taten als mildernd gewertet wurde. Versetzungen von Beamten sind damit nicht möglich.

Der Linzer Strafrechtsprofessor Alois Birklbauer sieht in den Geldstrafen kein Signal zur Selbstreinigung der Justiz. Er hielte es für sinnvoller, den Verurteilten intern eine andere, weniger verantwortungsvolle Position zuzuweisen, „das kann auch mit Gehaltseinbußen verbunden sein“.

Laut Britta Tichy-Martin vom Justizministerium stehen die betreffenden Gerichtsmitarbeiter unter „engmaschiger aufsichtsbehördlicher Beobachtung.“ Außerdem seien derartige Datenabfragen jetzt technisch gar nicht mehr möglich.

Das Justizregister wurde neu geregelt, nur mit dienstlicher Begründung sind Abfragen möglich. Und man habe viel Aufklärungsarbeit geleistet, um klar zu machen, dass Datenabfragen „als Freundschaftsdienst“ oder im privaten Interesse absolut verpönt sind.

Polizistin als Ladendiebin

Eine Wimperntusche, eine Tube Zahnpasta und einen Dosier-Löffel für Kaffee: All dies erhielt man in einem Kaufhaus Anfang dieses Jahres um 22,77 Euro. Einer Polizistin hingegen kostete ein entsprechender Einkaufsbummel weit mehr: Sie soll versucht haben, die Waren in ihren Taschen aus dem Geschäft zu schmuggeln. Die Disziplinarkommission des Innenministeriums befand sie nun für schuldig: Aus 22,77 wurden 1800 Euro Disziplinarstrafe.

Ein Kaufhausdetektiv – dem die Polizistin darüber hinaus persönlich bekannt ist – hatte die Tat beobachtet. Als die Frau das Geschäft verlassen wollte, hielt er sie an. Bei der Einvernahme zeigte sich die Beschuldigte grundsätzlich geständig – auch wenn sie nicht stehlen habe wollen.

Sie sei emotional aufgewühlt gewesen: Während des Einkaufs habe sie einen Anruf erhalten, dass die Mutter einer Freundin im Sterben liege. Zudem sei ihr fünfjähriger Sohn, der sie beim Einkaufen begleitete hatte, im Geschäft plötzlich verschwunden. Nicht zuletzt habe sie eine Scheidung hinter sich: Zeitweise leide sie daher an Depressionen, derentwegen sie das Medikament Psychopax einnehme.

Die Wimperntusche etwa habe sie kaufen wollen, da sie nach ihrer Scheidung wieder auf sich achten wollte. Aufgrund der psychischen Belastung in Kombination mit dem kurz vor dem Einkauf eingenommenen Medikament habe sie jedoch schlicht auf die Bezahlung besagter drei Waren vergessen.

Auf den Videoaufzeichnungen des Geschäfts zeigt die Frau allerdings kein sichtlich beunruhigtes oder gar panisches Verhalten. Auch ein Gespräch mit einem Handy ist nicht zu erkennen – wenngleich zumindest ein kurzes Telefonat nicht ganz ausgeschlossen werden kann.

Unter anderem sieht man auf den Aufzeichnungen, wie die Beschuldigte Wimperntusche und Zahnpasta in eine Plastiktasche schiebt. Auf einer anderen Aufnahme hält sie den Kaffee-Portionierer in einer Hand. Bei der Kassa bezahlt sie freilich bloß eine Packung Pommes Frites.

Die Disziplinarstrafe betrug besagte 1800 Euro. Als mildernd wurden das Teilgeständnis, die Unbescholtenheit sowie die untadelige Dienstversehung gerechnet.

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