Justiz gibt 75.000 Euro an Helmut Elsners Frau zurück

Helmut Elsner, haftuntauglich und bald 80, gibt seinen Kampf nicht auf. Der heimischen Justiz entzog er sich zur Dauerkur nach Bayern.
Ruth Elsner konnte belegen, dass ein Teil des eingefrorenen Vermögens des Ex-Bankers ihr gehört.

Im Mai kommenden Jahres wird der laut Gutachten haftuntaugliche Helmut Elsner 80. Aber seinen verbissenen Kampf gibt er nicht auf. Seinen Kampf gegen Gott und die Welt, landläufig gesagt. Konkret gegen die Bawag, die Justiz und Intimfeind Wolfgang Flöttl. Der Spekulant hatte – freilich in Elsners Auftrag – 1,6 Milliarden der Bawag verzockt und sei dafür strafrechtlich nicht zur Rechenschaft gezogen worden. Der hingegen wegen Untreue rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilte Ex-Banker Elsner fühlt sich nach wie vor als unschuldig zum Handkuss gekommener Sündenbock.

Vor allem den der Bawag zugesprochenen Schadenersatz von zehn Millionen Euro will Elsner nicht auf sich sitzen lassen. Sein beabsichtigter Rekurs an den Obersten Gerichtshof würde jedoch mit Gerichtsgebühren und Anwaltskosten 250.000 Euro verschlingen. Deshalb beantragte Elsner beim zuständigen Wiener Richter Christian Böhm die Freigabe dieses Betrages aus dem von der Justiz (wegen offener Schadenersatzforderungen, auch für die Prozesskosten) eingefrorenen Stiftungsvermögen.

Die Stiftung besteht unter anderem aus dem Elsner’schen Anwesen mit Villa und Pool im südfranzösischen Mougin, das er mit seiner Bawag-Pension von 6,8 Millionen Euro gekauft hatte, sowie einem Sparkonto von 2,5 Millionen Euro.

Böhm wies den Antrag auf Freigabe allerdings ab. Erst kürzlich hatte der Richter aber Elsners Ehefrau Ruth 75.000 Euro aus dem Stiftungsvermögen freigegeben, weil sie nachweisen konnte, dass es sich um ihr Privatgeld handelt. Ruth Elsner ist als Ehefrau für ihren mittellosen Ehemann unterhaltspflichtig. Daher könnte ihr Vermögen von Helmut Elsner in Anspruch genommen werden, was die Verfahrenskosten in seinem Kampf gegen die Bawag betrifft. Das meinen zumindest Juristen, die Einblick in den Fall haben.

Richter Böhm muss laufend Geld aus der Stiftung flüssig machen, damit Erhaltungskosten bestritten werden können. In Mougin legen die Nachbarn großen Wert darauf, dass alles gepflegt erscheint; deshalb muss auch Elsners leer stehendes Anwesen von einem Gärtner betreut werden. Außerdem sind Reparaturen und Versicherungen zu zahlen.

Alte Freunde

Elsner hat gerade erst seine Stiftungsvorstände abberufen lassen, um Kosten zu sparen. Die neuen Vorstände üben die Tätigkeit kostenlos aus. Auch sonst kann der einstige Vorstand der ÖGB-Hausbank noch auf alte Seilschaften bauen, die ihm finanziell unter die Arme greifen. Der Milliardär Martin Schlaff soll dazu gehören. Das bei der Bawag veranlagte Barvermögen der Privatstiftung ist niedrigst möglich verzinst. Die Bank hält indirekt ihren früheren Generaldirektor mit der Begründung kurz, das Geld sei nicht langfristig angelegt, weil ja ständig Entnahmen für Zahlungen getätigt werden.

Justiz gibt 75.000 Euro an Helmut Elsners Frau zurück
APA7974094-2 - 22052012 - ST. GILGEN - ÖSTERREICH: Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner und Ehefrau Ruth, aufgenommen am Sonntag, 20. Mai 2012, vor einer Pizzeria in St. Gilgen. Elsner wird im BAWAG-Prozess doch vor Gericht erscheinen müssen. Die Verhandlungsfähigkeit von Elsner ist gegeben - zu diesem Ergebnis ist der im Gerichtsauftrag tätige Kardiologe gekommen. +++VOLLSTÄNDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND +++ APA-FOTO: SALZBURGER NACHRICHTEN/BERTHOLD SCHMID
Helmut Elsner lebt nach wie vor im bayrischen Exil. Im Kurort Bad Reichenhall hat er sich in eine Ferienwohnung eingemietet. Das hat mit der Dichte an medizinischer Versorgung dort zu tun. Und damit, dass Elsner für die österreichische Justiz in Deutschland nicht greifbar ist.

Die Bawag hat mit ihm noch ein strafrechtliches Hühnchen zu rupfen, es existiert eine Privatanklage wegen Untreue, Elsner hat sich diesem Prozess aber entzogen. Für einen Haftbefehl reicht das nicht, aber in Österreich besteht nach wie vor eine von Richter Böhm verfügte Aufenthaltsermittlung. Das heißt, sobald Elsner heimischen Boden betritt und die Polizei davon Wind bekommt, lässt ihn Richter Böhm ins Wiener Landesgericht vorladen.

1995 Helmut Elsner wird Generaldirektor der Bawag und nimmt gemeinsam mit Wolfgang Flöttl am Bank-Aufsichtsrat vorbei die riskanten "Karibikgeschäfte" wieder auf. Diese hatte Flöttl schon mit seinem Vater, Elsners Vorgänger, betrieben. Sie laufen zuerst gut, enden dann im Milliardenverlust.

2006 Helmut Elsner wird in Südfrankreich verhaftet, weil er nicht zu Einvernahmen in Wien erschienen ist.

2007 Elsner wird nach Österreich ausgeliefert und unterzieht sich einer Herzoperation. Im Juli startet der Strafprozess unter Vorsitz der späteren Justizministerin Claudia Bandion-Ortner.

2008 Am 117. Prozesstag gibt es Schuldsprüche für alle neun Angeklagten.

2010 Der OGH hebt große Teile des Urteils auf, die Höchststrafe von zehn Jahren Haft für Elsner wird aber rechtskräftig.

2011 Elsner pendelt zwischen seiner Zelle in der Justizanstalt Josefstadt, dem Wilhelminenspital und Kuraufenthalten in Kärnten. Mehrere Gutachten zur Hafttauglichkeit werden eingeholt. Am 7. Juli fällt eine Richterin den Beschluss, dass Elsner haftuntauglich ist. Am 13. Juli wird Elsner aus der Haft entlassen.

2012 Der Bawag-Prozess beginnt von vorne, Elsner kommt den Ladungen nicht nach und geht nach Bad Reichenhall ins Exil. Flöttl und einige Mitangeklagte werden freigesprochen.

Helmut Elsner wurde am 12. Mai 1935 in Wiener Neustadt als Sohn einer Kastner&Öhler-Angestellten geboren. Sein Vater war im Krieg gefallen. Er wuchs in Graz auf, wo er die Handelsakademie besuchte. Mit 20 Jahren trat er in eine Filiale der Arbeiterbank ein, wie die BAWAG damals hieß. Elf Jahre später war er deren Filialleiter.

Aufstieg

1978 wurde er vom damaligen langjährigen BAWAG-Chef, Walter Flöttl, in die Zentrale nach Wien geholt, wo er im Vorstand für das kommerzielle Großkundengeschäft verantwortlich war. Dort galt er bald als "Flöttls Mann für das Grobe". Erst 1991 trat er in die SPÖ ein, im April 2006 wieder aus. Von 1995 bis 24. April 2003 war er Vorstandsvorsitzender. In seinen fast 25 Jahren als Vorstand prägte er das Institut nachhaltig.

Nachgesagt wurde ihm ein "aufbrausender, egozentrischer und unnahbarer Führungsstil", der keinen Widerspruch duldete. Damit wird Elsner wohl nicht der einzige autoritär führende Spitzenmanager in Österreich gewesen sein.

Luxus

Aber sein luxuriöser Lebensstil wurde dem Chef einer Gewerkschaftsbank im Lichte der Öffentlichkeit durch den Prozess dann zum Image-Verhängnis: Das von der BAWAG zum Schnäppchenpreis erworbene Penthouse in der Wiener Innenstadt, seine Villa in Südfrankreich, sein ganzes Privatleben wurde jahrelang durch den Medien-Kakao gezogen. Die politischen Zurufe an die Justiz blieben nicht aus. So forderte etwa im Juni 2006 in einem "OÖN"-Interview der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser - jetzt selbst in der Buwog-Affäre unter den Beschuldigten -, dass angesichts des "schamlosen Missbrauchs" in der BAWAG rasch "ein Exempel statuiert" werden müsse.

Prozess

Die Vorwürfe der Anklage, er habe gegenüber der BAWAG Untreue in Milliardenhöhe begangen, versuchte Elsner oft unter Verweis auf die Praxis in einer Großbank zu entkräften. Die Spekulationsgeschäfte der BAWAG seien nicht riskant, sondern auch bei anderen Banken üblich gewesen. Vergeblich, denn als störrischer Hauptangeklagter hatte er gegen den Mitangeklagten Wolfgang Flöttl, der sich als Kronzeuge der Anklage gegen Elsner andiente, schlechte Karten. Elsner präsentierte sich im 117 Tage währenden BAWAG-Prozess als Sturschädel, der die Verantwortung für die Spekulationsgeschäfte und die Vertuschung der Verluste nie bei sich sehen konnte und wollte. Mit dem erstinstanzlichen Urteil im Juli 2008 - neuneinhalb Jahre Haft, nicht rechtskräftig - wurde ihm die Rechnung präsentiert.

Im Dezember 2010 hob der Oberste Gerichtshof (OGH) bei Elsner 5 von 18 Untreuefakten auf. Für die verbleibenden Untreuehandlungen mit einem Gesamtschaden von über 1 Mrd. Euro wurde die Gesamtstrafe von zehn Jahren Haft aber beibehalten.

Krankheit

Mit zunehmender Dauer der Haft für den herzkranken Elsner stieg auch die Sympathie für ihn. Immer mehr Stimmen meldeten sich mit der Forderung nach Enthaftung, während die Justiz bei Elsner weiterhin Fluchtgefahr gegeben sah und auch keine Enthaftung gegen Fußfessel zugelassen hatte. Ein Gutachten des kardiologischen Sachverständigen Joachim Borkenstein bestätigte Mitte Juni 2011, dass Elsner aus gesundheitlichen Gründen nicht vollzugstauglich sei. Wenige Tage später wurde er ins Wiener Wilhelminenspital eingeliefert. Als "nicht mehr zu verantworten", bezeichnete der Herzspezialist und Vorstand im Wilhelminenspital, Kurt Huber, in einem Brief ans Gericht eine weitere Inhaftierung Elsners.

Im Juli 2011 schließlich der Knalleffekt: Elsner wird wegen Haftunfähigkeit auf freien Fuß gesetzt. Ausschlaggebend dafür seien medizinische Gründe.

Tanzbein

Im Vorjahr hatten sich dann Zweifel an der Haftunfähigkeit Elsners aufgetan, als dieser unter anderem mitten in der Nacht beim Tanzen in der Eden Bar beobachtet wurde.

2. Prozess

Dem zweiten BAWAG-Prozess blieb der Ex-BAWAG-Chef durchgehend fern. Er lasse sich in einer bayrischen Spezialklinik gegen seine anhaltenden gesundheitlichen Beschwerden behandeln, richteten seine Rechtsvertreter dem Wiener Gericht regelmäßig aus.

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