Training für Krisengebiete
Dieser Tage durften knapp zwanzig Journalisten und angehende Kriegsberichterstatter das Seminar des Bundesheeres in Wiener Neustadt sowie am Truppenübungsplatz Blumau besuchen. In Empfang genommen wurden sie vom stellvertretenden Kommandanten der Sondereinheit, Oberst Rudolf Weissenbacher.
Die HEAT-Ausbildung wird in diplomatischen Kreisen für all jene Krisengebiete empfohlen, wo Entführungen, Kampfhandlungen, Terroranschläge und schwere politische Unruhen an der Tagesordnung stehen. Einer von ihnen Christoph Sternat. Nur wenige Tage nachdem er seinen Dienst als österreichischer Repräsentant im Palästinensischen Autonomiegebiet im Westjordanland in Ramallah antrat, geschah am 7. Oktober der Terrorangriff der Hamas auf Israel. „Seinen Dienstbeginn stellt man sich grundsätzlich anders vor“, meinte Sternat.
Der Staat hilft
Es dauerte bis 1. November, bis man alle Österreicher in den Wirren der Kampfhandlungen aus dem Krisengebiet in Sicherheit gebracht hatte. Teilweise unter gefährlichsten und abenteuerlichen Umständen über die Sinaihalbinsel nach Kairo. „Grundsätzlich wird kein österreichischer Staatsbürger zurückgelassen“, meint dazu Gesandter Clemens Mantl, Sprecher des Außenministeriums. Österreicher, die im Ausland in Gefahr geraten, können sich sicher sein, von ihrem Land bestmögliche Unterstützung zu bekommen, sagt Mantl.
Was Reisende, Diplomaten oder Journalisten in Kriegsgebieten erwartet, darauf zielt das dreitägige HEAT-Seminar ab. Wesentlicher Bestandteil der Ausbildung ist das richtige Verhalten bei Geiselnahmen und in Gefangenschaft, das Passieren von militärischen Check-Points, Tricks beim Lösen von Fesseln und Handschellen, bis hin zur Vorbereitung einer Flucht sowie ein Überlebenstraining oder das Orientieren im Gelände.
„Wenn sie in Gefangenschaft geraten, ist eines wesentlich. Man muss den Verlust der Kontrolle akzeptieren und sich mit der Möglichkeit des Todes auseinandersetzen“, erklärt der Ausbilder. In einer Selbstaufgabe dürfe dies aber nicht enden. Am Beispiel eines ehemaligen Jagdkommando-Soldaten, der neun Monate Einzelhaft in einem Horrorgefängnis in Libyen überlebte, werden beim Training verschiedenste Szenarien durchgespielt. Ein wichtiger Rat der Profis: „In fast jeder Gruppe von Terroristen oder Geiselnehmern gibt es einen Mitläufer, eine schwache Person. Wenn man es schafft, diesen heraus zu filtern und eine Beziehung aufzubauen, kommt man vielleicht auch an verbesserte Haftbedingungen oder Vergünstigungen“.
Scheinhinrichtung
Die psychischen Belastungen einer Geiselnahme, Haft oder Folter sind wesentliche Inhalte des Kurses. Im Fall des Wiener Sprachstudenten Dominik Neubauer wird durchgekaut, was einem blühen kann, wenn man in die falschen Hände gerät. Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren gelang nach 139 Tagen Geiselhaft die Befreiung des Studenten aus den Fängen jemenitischer Terroristen. Mit Scheinhinrichtungen zwangen die Entführer den Wiener dazu, zum Islam zu konvertieren.
Einer der erfahrensten Kriegsberichterstatter des Landes, Christian Wehrschütz, teilte seine Erfahrungen mit den Kursteilnehmern. Beispielsweise, dass die Wahl des Fahrers in einem Kriegsgebiet überlebenswichtig sein kann. Oder weshalb man immer eine Ersatzbrille haben sollte. „Ich habe im Krisengebiet einen Bügel verloren. Mit fünf Dioptrien ist man tagelang fast blind. Optiker gibt es auf Kriegsschauplätzen keine“.
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