In der Nacht auf Freitag ließ der Stadtparteivorstand der ÖVP Willi mit seinem Versuch, neue Mehrheiten zu finden, an die Wand fahren. Die Schwarzen erteilten dem Vorhaben, die Fraktion FI von Ex-Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer aus der Koalition zu werfen und die Neos als Mehrheitsbeschaffer ins Boot zu holen, eine Absage. Man sehe „keine Notwendigkeit, die Zusammensetzung der Koalition zu ändern“, so die ÖVP.
Damit ist eine Mehrheit ohne FI für den Stadtchef passé. Zu der einst als Tochterpartei der ÖVP entstandenen Liste, die Willi als treibende Kraft hinter der kürzlich erfolgten Wahl eines FPÖ-Stadtrats zum Vize-Bürgermeister sieht, haben die Grünen jedoch die Brücken abgebrochen.
Was also nun? Freies Spiel der Kräfte? Oder doch Neuwahlen? „Weiter verhandeln“, erklärte der Bürgermeister auf Anfrage dazu nur knapp.
Im Privatleben frönt Willi als Chorleiter seiner Leidenschaft Musik. Als Dirigent des Koalitionsorchesters ist er gescheitert. Hier spielt jeder nach seinen eigenen Noten.
In Wahrheit war das Vierer-Bündnis bereits im Herbst vor zwei Jahren am Ende.
Man stelle sich vor, dass auf Bundesebene ein Koalitionspartner einen Misstrauensantrag der Opposition gegen einen Minister mitträgt. Umgelegt auf kommunale Ebene haben die Grünen genau das im Oktober 2019 gemacht. Sie verhalfen einem FPÖ-Antrag auf Abwahl von Oppitz-Plörer als Vizebürgermeisterin, der Willi die Verantwortung für das Millionendebakel beim Neubau der Patscherkofelbahn in der vergangenen Regierungsperiode zuschrieb, zu einer Mehrheit. Eine Demütigung.
Entgegen dem Kalkül der Grünen kündigte sie aber weder die Koalition auf, noch zog sie sich aus der Politik zurück, sondern erhielt nach einer Aussprache ihre Ressorts als Stadträtin zurück. Seither wurstelte das Vierer-Gespann weiter. Mit der Abwahl von Verkehrsstadträtin Uschi Schwarzl (Grüne) als Vizebürgermeisterin im Dezember – mit schwarzen, gelben und roten Stimmen – kam der nächste große Tusch.
Die geheime Wahl vom nicht amtsführenden FPÖ-Stadtrat Markus Lassenberger, die ohne Stimmen aus dem Regierungsbündnis nicht möglich gewesen wäre, brachte das Fass zum Überlaufen.
Im freien Spiel der Kräfte hat Willi schlechte Karten. Die Mitte-Rechts-Fraktionen ÖVP, FI und FPÖ können den Bürgermeister mit einer Mehrheit von 21 der 40 Mandate im Gemeinderat und mit vier von sieben Sitzen im Stadtsenat bei Bedarf vor sich hertreiben.
Mitten in der Coronapandemie herrscht in Innsbruck Chaos. Noch betonen alle großen Fraktionen, dass jetzt nicht die Zeit für Neuwahlen ist. Sie scheinen aber über kurz oder lang der letzte Ausweg aus dem Trauerspiel.
Die Ein-Mann-Fraktion Gerechtes Innsbruck will einen Antrag auf Auflösung des Gemeinderats einbringen. Was dagegen spricht, dass sich die für Neuwahlen notwendige Zweidrittelmehrheit – schon jetzt – findet: SPÖ und ÖVP haben sich nach Schlappen 2018 noch nicht konsolidiert, FI und FPÖ müssten mit Verlusten rechnen. Nichtsdestotrotz: In Innsbruck scheint derzeit alles möglich.
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