Mit zunehmender Hitze steigen auch die Sorgen der Wienerinnen und Wiener um die Stadtbäume.
Zuletzt machten Anrainerinnen und Anrainer bei der „Initiative Stadtbaum“ auf eine Platane im Beethovenpark aufmerksam, deren Blätter schon jetzt – also mitten im Sommer statt im vorangeschrittenen Herbst – abgefallen sind (siehe großes Bild).
Doch die Hitze, die gab der Platane im Beethovenpark nur den letzten Rest. Schon bisher war sie von Wanzen befallen, ihr Standort direkt über einer Tiefgarage hat sie schon in den vergangenen Jahren in Mitleidenschaft gezogen. Kurzum: Die Platane hat zu wenig Platz und zu wenig Erde für Wurzeln und Wasser. Wie lange sich der Baum dort noch halten kann, ist unklar. Den Platanen am Rande des Parks geht es deutlich besser: Der Standort macht den Baum. So einen Baum an so einen Ort zu setzen, das würde man heute „auf gar keinen Fall mehr so machen“, sagt Gabriele Thon, Sprecherin der Wiener Stadtgärten.
Aber auch wenn die anhaltende Hitze nicht das Grundübel der Platane im Beethoven-Park ist, so ist sie ein Übel, unter dem die Stadtbäume zunehmend leiden. „Die Hitze“, sagt Thon, „ist für alle ein Problem: für Mensch, Tier und Baum.“ Dass die Zahl der jährlichen Hitzetage steigt (seit 2005 etwa von 9 Tagen mit mehr als 30 Grad auf 40 Hitzetage 2021) und gleichzeitig auch die Zahl der Tropennächte (Nächte, in denen die Temperatur nicht unter 30 Grad fällt), setzt allen zu.
In Tagen wie diesen würden die Stadtgärtner „nichts anderes mehr tun, als zu gießen“, sagt Thon. 1.000 Bewässerungsanlagen gibt es in der ganzen Stadt. Jungbäume, die nicht an eine solche angeschlossen sind, werden drei Jahre lang ein Mal pro Woche händisch gegossen, während anhaltender Hitze sogar zwei Mal. Insgesamt sind so in Hitzeperioden täglich 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtgärten mit 50 Gießfahrzeugen im Einsatz. Rund 300.000 Liter Wasser vergießen sie – pro Tag.
Dazu kommen sogenannte Water Bags, also Wassersäcke, die die Stadtgärtner um Jungbäume legen. Diese Säcke sind mit kleinen Löchern versehen, aus denen pro Tag 75 Liter Wasser austreten und nach und nach in die Wurzeln sickern. Zwei Prozent der Jungbäume überleben trotzdem nicht. Allerdings nicht unbedingt wegen der Hitze, sondern vor allem, weil sie schon vorher von Schädlingen befallen wurden oder einfach mit dem Standort nicht zurechtkommen. „Vertrocknen tun’s nicht“, sagt Thon. Das mit den Hitzetoten bei Bäumen ist ähnlich wie bei den Menschen: Man weiß oft nicht, ob sie an oder mit der Hitze gestorben sind.
Und dennoch: Gießen allein reicht nicht mehr. Die Stadt muss längst andere Baumsorten pflanzen als noch vor wenigen Jahren. Spitzahorn und Bergahorn halten die Temperaturen nicht mehr aus. Stattdessen setzt die Stadt Ulmen (vor allem die resistente New-Horizon-Ulme), Feldahorn, südlichen Zürgelbaum (der bei Hitze seine Blätter
einrollt, um die Verdunstungsfläche gering zu halten), Blasenbäume sowie japanische Schnurbäume (etwa in der Thaliastraße).
Manchmal sind Bäume auch resilienter als angenommen. Als die „Eiles-Platane“ vor eineinhalb Jahren dem U-Bahn-Bau weichen musste und darum aufwendigst weg vom namensgebenden Café in der Josefstädter Straße hin zum Schmerlingplatz übersiedelt wurde, unkten nicht wenige, das lohne sich nicht. Der Baum sei zu alt, der Aufwand daher viel zu groß.
Doch der Platane geht es – trotz der Hitze – „hervorragend“, sagt Baumchirurg Manfred Saller. Er zeichnete für den Umzug verantwortlich. Seit der Verpflanzung sei die Platane 40 Zentimeter gewachsen, erzählt er stolz. Freilich nicht ohne besondere Zuwendung: Saller und sein Team installierten eine Bewässerungsanlage, die den Baum konstant kühlt. Sonst, sagt Saller, würde auch die Platane einen solchen Sommer vielleicht nicht überleben.
Die Wiener Straßenbäume
95.997Stadtbäume gibt es in der Stadt. Am meisten gepflanzt sind Ahorn (25.638), Linde (15.229) und Rosskastanie (9.766) . Am wenigsten Tamariske (22), Hibiskus (25) und Judasbaum (26)
150 Baumsorten gibt es in der Stadt, 30 bei den Straßenbäumen. 20 davon gelten als hitzeresistent, etwa der japanische Schnurbaum
Ob Jungbäume in der Stadt überleben, wird mit dem Jungbäumemonitoring erhoben. Laut diesem überleben 2 Prozent nicht – wegen Schädlingen, Hitze oder falschem Standort
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