„Nach vier bis sechs Stunden ist man klitschnass“, weiß der 46-Jährige, der lange selbst als Intensivpfleger auf der Inneren Medizin in Innsbruck gearbeitet hat. Heute bildet er das Personal von morgen aus.
„Pflege ist ein klassischer Mangelberuf“, ruft er für alle jene in Erinnerung, die sich nun wundern, warum seit der ersten Corona-Welle nicht einfach das Personal in den Spitälern massiv aufgestockt wurde.
„Die Zusatzausbildung zum Intensivpfleger dauert außerdem eineinhalb Jahre. Das geht nicht von heute auf morgen. Betten und Beatmungsgeräte sind leichter gekauft.“ Darum heißt es nun auch aus den Spitälern: Bevor uns die Betten ausgehen, geht uns das Personal aus.
Zwölf Kilometer legt ein Pfleger oder eine Schwester auf der Intensivstation im Schnitt täglich zurück. Die Arbeitskleidung in diesen 12-Stunden-Schichten besteht aus mehreren Lagen, die einen auch ohne große Anstrengungen schnell schwitzen lassen.
Über die farbige Bereichskleidung, wie man sie aus jedem Spital kennt, muss ein Overall und darüber noch ein Schutzmantel gezogen werden. Die Schuhe werden in Füßlingen verpackt. Maske, Brille und zwei Paar Handschuhe komplettieren die Ausrüstung, die eine Ansteckung verhindern soll.
Gut zehn Minuten dauert das Anlegen. Und vor jeder Pause heißt es, sich wieder – unter mehrfachem Desinfizieren der in Gummi gehüllten Hände – der Kleidung zu entledigen. Doch selbst die alle vier Stunden vorgesehenen Pausen sind den Mitarbeitern in dieser Hochphase der Pandemie oft nicht gegönnt.
„Wenn wir eine Aufnahme haben und viel zu tun ist, kommen wir teilweise erst nach sechs Stunden das erste Mal aus dem Zimmer“, erzählt Anja Sparring am Telefon. Sie ist Intensivschwester auf der internistischen Intensivstation der Innsbrucker Klinik. Hier gab es keine einzige Phase seit Beginn der Pandemie, in der nicht zumindest ein Covid-19-Patient behandelt werden musste. Aktuell liegt in jedem der zwölf Betten einer.
Mit einer Grippewelle, wie Corona-Skeptiker gerne meinen, sei das nicht vergleichbar. „Wir hatten noch nie eine komplette Grippestation. Fast alle Patienten werden bauchgelagert, weil die Verläufe so schwer sind.“ Für Ärzte, Schwestern und Pfleger ist das Arbeiten mit Covid-Fällen aus mehreren Gründen viel fordernder:
„Das Arbeiten unter Schutzausrüstung ist viel anstrengender. Wir können nichts essen, nichts trinken oder auf die Toilette gehen.“ Die Schutzkleidung sei nämlich wesentlich aufwendiger gestaltet, als das beim Behandeln von Grippe-Patienten notwendig ist, da die Ansteckungsgefahr bei Corona größer sei. „Wir ringen natürlich nach Luft“, beschreibt die 34-Jährige die Belastung.
Die ist aber auch psychisch enorm: „Wir haben Patienten, die wissen, dass sie nicht überleben und sich per Videotelefonat von ihren Angehörigen verabschieden müssen. Das ist auch für uns sehr hart.“ Darum appelliert Sparring an die Bevölkerung, sich an die Maßnahmen zu halten. „Viele wissen nicht, wie es bei uns ausschaut. Aber wir sehen die Menschen sterben.“
Kommentare