Im Großen Palmenhaus in Wien putzte schon die Marine die Fenster
40.000 Glastafeln hat das Große Palmenhaus in Schönbrunn. Und die befinden sich teilweise in bis zu 28 Metern Höhe. Kein Wunder also, dass Kaiser Franz Joseph für dessen Reinigung eigens die wagemutigen Marinekadetten aus Triest beorderte. Nach der Monarchie kam diese Aufgabe den Gärtnern der Anlage zu. Jeden Sommer putzten sie in Badehose und mit Bürste die Fassade, sagt Daniel Rohrauer, Institutsleiter der Botanischen Sammlungen der Bundesgärten. Schließlich sollte das Palmenhaus Besucherinnen und Besucher anlocken.
Mittlerweile tut es das – mit rund 150.000 Besuchern jährlich ziemlich erfolgreich – seit 140 Jahren. Zur Feier des Jubiläums lädt das Palmenhaus zur Sonderausstellung „In 141 Jahre um die Welt“.
Zahlenspiel
Ja, genau: Nicht 140 sondern 141 Jahre. „Das Palmenhaus ist klammheimlich in Betrieb gegangen. Wir haben deshalb kein genaues Eröffnungsdatum“, sagt Rohrauer. Nur schleichend sei das Gebäude im Jahr 1883 der Bevölkerung zugänglich gemacht worden.
Fest steht dagegen, dass der Kaiser am 17. Juni 1882 – also morgen, Freitag vor 141 Jahren – das Palmenhaus besuchte. Um die 140 Jahre seit der Eröffnung also nicht an irgendeinem Tag im Jahr 2023 zu feiern, hat man sich dazu entschieden, die beiden Daten zu kombinieren. Gefeiert wird mit Schautafeln, die von heute bis Oktober im Palmenhaus zu sehen sind.
Zurschaustellung
Erzählt wird dabei die Geschichte des Großen Palmenhauses, die 1869 begann, als der Kaiser einen Präsentationsort für seine Pflanzenschätze wünschte – angelehnt an die Jahreszahl, heißt die Schau: „In 141 Tagen um die Welt“. Pflanzen von überall her und aus drei verschiedenen Klimazonen befinden sich im Palmenhaus.
Und dennoch, ganz im Stil der Zeit, war das Palmenhaus schon damals nicht. „Schon bei der Errichtung war der viktorianische Baustil überholt“, sagt Rohrauer. Franz Joseph ließ sich davon aber nicht abbringen. Und der Besucherzustrom gab ihm recht. „Sogar während des Ersten Weltkrieg war das Palmenhaus für Besucher geöffnet.“
Dunkles Kapitel
Erst ab 1938 nahm die Geschichte eine dunkle Wende. Die Nationalsozialisten nahmen das Gebäude – wie so viele andere – in Beschlag und propagierten es als eine Art „heile Welt“. Im Februar 1945 wird schließlich die Gegend um Schönbrunn bombardiert. „Direkt getroffen wurde das Palmenhaus nicht, aber durch die Druckwellen sind die vielen Gläser zerborsten und das Metallgehäuse hat sich verschoben.“
Auf einem Bild aus der Zeit ist eine zerstörte „Geschlitztblättrige Thaumatophyllum“ – so der Name der Pflanze – inmitten der Glassplitter zu sehen. Gärtner des Palmenhauses haben von dieser Ursprungspflanze, die 1821 von Brasilien nach Wien gebracht wurde, neue Setzlinge gezogen. Eine dieser Pflanzen ist noch heute zu sehen. Einzelfall war das keiner, sagt Rohrauer.
Mehrere Sanierungen
Apropos Nachkriegszeit: Das Palmenhaus hat seit 1945 mehrere Sanierungen hinter sich. Zuerst der Wiederaufbau, für den sogar die Besatzer Materialien aus unterschiedlichsten Orten herbeischafften. „Allein das Glas stammte aus unterschiedlichen Quellen“, sagt Rohrauer. Weil diese erste, eher minderwertige Sanierung aber zahlreiche Mängel – darunter auch Rost – beförderte, wurde in den 1980er-Jahren erneut saniert.
Die 40.000 Glasflächen wurden dabei ausgetauscht. Statt normalem Doppelglas wurden mit Edelgas gefüllte Hohlkammergläser verwendet, sagt Rohrauer. Und die werden dem Palmenhaus langsam, aber sicher zum Verhängnis. Das Gas in einigen Kammern ist kondensiert, wodurch die Gläser aussehen wie beschlagen, sagt Rohrauer. Austauschen könne man die Platten aber nicht. Die amerikanische Firma, die die Gläser geliefert hat, gebe es nämlich nicht mehr. „Deshalb bleiben die Gläser erstmal beschlagen.“
Auf Sommerfrische
Noch bis in die 1990er-Jahre war ein Großteil der Pflanzen nicht immer im Palmenhaus. Ganz umständlich mit Traktoren wurden die riesigen Palmen auf Sommerfrische ins Freie gebracht, sagt Rohrauer. Das änderte sich erst nach der zweiten Sanierung. „Damals hat man entschieden, die große Dattelpalme in der Mitte des Gebäudes stehen zu lassen, wobei ihre Wurzeln durch den Holztopf geschlagen haben.“
Seitdem hat man sich dazu entschieden, einen Teil der 5.500 Pflanzen Sommer wie Winter stehen zu lassen. Unter dem Glasdach aus 40.000 Teilen. Geputzt wird es übrigens 2026 das nächste Mal. Von einer externen Firma.
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