"Ich weiß, wie es ist, alles zu verlieren"

Noch schaufeln die Asylwerber in ihrem Garten im Flüchtlingsheim Reichenau in Innsbruck.
Über 100 Flüchtlinge packen kommende Woche in Tiroler Unwetter-Orten an.

Es ist eine Welle der Solidarität: von Flüchtlingen für in Not geratene Tiroler. Am vergangenen Montag haben, wie berichtet, heftige Unwetter schwere Verwüstungen in den Gemeinden Sellrain (Bezirk Innsbruck-Land) und See im Paznauntal angerichtet. Die Hilfsbereitschaft ist groß, auch unter Flüchtlingen, die derzeit in Tirol einquartiert sind.

"Ich weiß, wie es ist, alles zu verlieren"
Aufräumarbeiten in Sellrain
Über 100 Asylwerber haben sich freiwillig gemeldet und werden kommende Woche in den Katastrophenorten mitanpacken. Allein im Flüchtlingsheim Reichenau stehen 65 Mann bereit. Saeed Eisakhani ist einer von ihnen. Der Iraner ist Tunnelbauingenieur und war bereits bei einer der größten Katastrophen im Einsatz, die es in seinem Heimatland gegeben hat: dem Erdbeben von Rodbar 1990. "Ich hoffe, dass ich helfen und meine Erfahrungen einbringen kann", sagt der 48-Jährige.

Als Student war er damals ins Krisengebiet gefahren. "Wir haben Leute aus dem Schlamm gezogen", erzählt Eisakhani. 30.000 Tote, 60.000 Verletzte und 500.000 Obdachlose habe es damals in der Region gegeben. Einer der Betroffenen war Nuser Verlipaur, der ebenfalls auf Asyl in Österreich hofft. "Ich weiß, wie es ist, alles zu verlieren", fühlt der 44-Jährige mit den Unwetteropfern in Tirol mit. Und er weiß auch, wie wichtig Unterstützung von außerhalb ist: "Das Gesicht eines Helfers vergisst du nie."

Verfolgter Christ

Im Iran war Verlipaur bei einer dem Roten Kreuz ähnlichen Hilfsorganisation tätig. Seine Region sei immer wieder von Hochwassern betroffen, erzählt der Mann, der vom Islam zum Christentum konvertiert ist und deshalb aus seiner Heimat fliehen musste.

Katastrophenerprobt sind auch die beiden Kosovaren Sadik Rexha und Limani Hamdi. Rexha hat im Kosovo-Krieg zerstörte Häuser geräumt. "Österreich hat uns damals sehr viel geholfen. Jetzt möchte ich so viel wie möglich helfen", erklärt der 32-Jährige seinen Einsatz. Hamdi ist ebenfalls dankbar: "Meine Zwillinge sind hier geboren. Im Kosovo wäre einer der beiden sicher bei der Geburt gestorben", erzählt der Vater von Frühchen. Sein Haus sei jedes Jahr von Hochwasser überflutet worden: "Ich weiß, was zu tun ist."

In See und Sellrain geht indes die Angst vor für das Wochenende angekündigten Starkregen um. Beim letzten Unwetter wurden in den beiden Gemeinden 110 Gebäude beschädigt, wie das Land am Freitag mitteilte.

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