Misstöne um steirische Hymne: Wie FPÖ-Landeschef auf die Kritik reagiert

Über das "Dachsteinlied" gibt es nun Debatte
Der Plan von Blau-Schwarz, die steirische Landeshymne verfassungsrechtlich abzusichern, rief Slowenien auf den Plan.
Schließlich würden gleich in der ersten Strophe Regionen als "der Steirer Land" besungen, die seit 1919 eben nicht mehr in der Steiermark liegen: Das "Wendenland am Bett der Sav'" und das "Rebenland im Tal der Drav'" liegen in der Štajerska, der einstigen Untersteiermark, die mit dem Friedensvertrag von Saint-Germain erst zum SHS-Staat aus Serbien, Kroatien und Slowenien (später Jugoslawien) kam.
Seit 1991 ist die Štajerska Teil Sloweniens, das auf die offizielle Landeshymne in der steirischen Landesverfassung irritiert reagiert. Man rufe die Steiermark in dem Punkt zu "Besonnenheit" auf, hieß es aus dem slowenischen Außenministerium.
Die Grünen fordern am Dienstag "ein sofortiges Ende dieser nationalistischen Symbolpolitik", kommentiert Klubobfrau Sandra Krautwaschl. "Anstatt sich den echten Sorgen der Steirerinnen und Steirer zu widmen, setzt die Landesregierung auf spalterische Provokationen."
"Ein Sturm im Wasserglas"
Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) indes sieht in der ganzen Debatte nur "einen Sturm im Wasserglas".
Denn: Die Steiermark hole bloß nach, was in bereits fünf anderen Bundesländern gemacht worden sei.
So soll Artikel 6 der Landesverfassung, der die Symbole des Landes wie etwa die Farben oder das Wappen festschreibt, um einen fünften Absatz ergänzt werden, nämlich: "Die Landeshymne ist das Dachsteinlied." An Slowenien gerichtet merkt Kunasek an, es möge doch statt solche Debatten zu führen "auf die Sicherheit des Atomkraftwerks Krško achten".
"Altösterreicher" diskriminiert?
Auf Facebook setzte der FPÖ-Chef noch nach: "Wer in dieser Haltung einen Angriff auf Souveränität und Rechtsstaatlichkeit sieht, sollte sich fragen, wie es um die rechtliche Anerkennung von Minderheiten auf seinem Hoheitsgebiet bestellt ist." Denn die "Altösterreicher deutscher Muttersprache" seien in Slowenien "Diskriminierungen ausgesetzt und nicht als autochthone Volksgruppe anerkannt".
Neuer Text schon vor 20 Jahren gesucht
Die Debatte um das "Dachsteinlied" wurde allerdings schon einmal geführt: Anlässlich des EU-Beitritts Sloweniens (2004) kam in der Steiermark die Frage auf, ob es denn nun noch opportun sein, Gebiete eines anderes Staates weiterhin als "liebes teures Heimatland" besingen zu lassen.
Die damalige ÖVP-Landeschefin Waltraud Klasnic regte deshalb einen neuen Text für die erste Strophe an, denn nur sie enthält umstrittene Passagen. Letztlich änderte sich nichts, auch weil die FPÖ anfing, Stimmen gegen die Streichung von Save, Drau und Wendenland zu sammeln.
Von der "IG Autorinnen Autoren" kam 2023 Kritik an mehreren Landeshymnen.
- Salzburg, "Land unsrer Väter": Die Hymne müsse vollkommen ersetzt werden, da Autor Anton Pichler sei ein "kriegsverherrlichender Priester" gewesen, Komponist Ernst Sompek tief im Nationalsozialismus verstrickt. Das Lied wurde 1928 zur Landeshymne erklärt und nach 1945 wie die meisten Hymnen reaktiviert.
- Kärnten, "Heimatlied": Hier müsse die vierte Strophe ersetzt oder gestrichen werden. Sie stammt aus 1930, bei einem Wettbewerb aus 256 Einsendungen kam Maria Millonigs Passage zum Zug, einer illegalen Nationalsozialistin. Die Neufassung der vierten Strophe war wegen des 10. Jahrestags der Kärntner Volksabstimmung in Auftrag gegeben worden, außerdem sollten die in der bisherigen Form dort verankerten Hinweise auf das Kaiserhaus ersetzt werden.
- Oberösterreich, "Hoamatgsang": In ihrem Fall regt man einen neuen Text an, Autor Franz Stelzhamer sei ein radikaler Antisemit gewesen. Der Text stammt aus 1841, die Melodie Hans Schnopfhagens aus 1884, das Lied wurde 1952 vom Landtag zur Landeshymne erklärt.
- Niederösterreich, "O Heimat, dich zu lieben": Sie wurde von Franz Karl Ginzkey getextet, ihm warf die Interessensgemeinschaft seine Verstrickung ins NS-Regime vor, so sei er unter anderem für die Bücherverbrennungen eingetreten. Das Land setzte eine Historikerkommsission ein, die jedocgh "keinerlei nationalsozialistisches oder rassistisches Gedankengut" im Text der Landeshymne ausmachte. Es bestehe kein Grund zur Änderung, aber zur "kritischen Auseinandersetzung mit dem Autor".
Allerdings wirft die nun neu aufkommende Debatte um das "Dachsteinlied" in der Steiermark auch eine brisante andere Frage wieder neu auf: Wie umgehen mit Texten, die per se historisch belastet sind? Oder deren Autoren oder Komponisten eine NS-Vergangenheit haben?
Bereits 2023 forderte die "IG Autorinnen Autoren" die Bundesländer Kärnten, Salzburg, Ober- und Niederösterreich auf, ihre Landeshymnen zu ändern oder zumindest anzupassen.
Auch die 1935 im austrofaschistischen Regime entstandene Hymne des Burgenlandes ("Mein Heimatvolk, mein Heimatland") geriet in Kritik, da ihr Autor Peter Zauner NSDAP-Mitglied gewesen sein. Tirols "Andreas-Hofer-Lied" wird immer wieder wegen seiner Lobhudelei auf die "deutsche Volksgemeinschaft", aber auch seiner Blutrünstigkeit hinterfragt.
Allerdings wurde in keinem Bundesland eine Hymne geändert. So ließ etwa Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) 2023 wissen, dass er keine Notwendigkeit sehe, die kritisierte vierte Strophe des "Kärntner Heimatliedes" zu adaptieren.
Salzburg hat "Land unsrer Väter" im Juni 2024 gesetzlich verankert. In Tirol löste 2004 ein Gesetz aus 1948 ab, gegen das Bedenken herrschten: Das Andreas Hofer Lied war 1948 derart geschützt worden, dass jede auch nur kleinste Abweichung von Text oder Melodie unter Strafe gestellt war - bis hin zum Arrest.
Der wurde 2004 gestrichen, die Veränderungen mussten nun "entstellend" statt nur "unwesentlich" sein, um eine Verwaltungsstrafe nach sich zu ziehen. Dafür wurde die Geldstrafe auf bis zu 2.000 Euro erhöht.
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