Debatte um NÖ-Landeshymne: So urteilte die Historikerkommission

Debatte um NÖ-Landeshymne: So urteilte die Historikerkommission
Hymnen-Text sei weder fremdenfeindlich noch antisemitisch, "problematisch" sei allerdings der Autor. Im November veranstaltet das NÖ Landesarchiv dazu eine Tagung.

Die IG Autorinnen Autoren forderte im April in einem Protestbrief an die Landeshauptleute von Oberösterreich, Niederösterreich, Kärnten und Salzburg Änderungen der Landeshymnen, weil diese historisch belastet seien. 

Die niederösterreichische Hymne wurde verfasst von Franz Karl Ginzkey. "Er war Befürworter der Bücherverbrennungen, einer der Autoren des Bekenntnisbuchs österreichischer Dichter für den Anschluss an Nazideutschland und trat mitten im Krieg der NSDAP bei", kritisiert die IG.

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Das Land Niederösterreich hat daraufhin eine Historikerkommission unter der Leitung von Uni-Professor Stefan Karner eingesetzt, um die Historie der Landeshymne und des Verfassers lückenlos aufzuarbeiten.

Nun liegt ein 91-seitiger Bericht vor. Laut einer Aussendung des Amtes der nö. Landesregierung bestätige der Bericht, dass "keinerlei nationalsozialistisches oder rassistisches Gedankengut im Text der Landeshymne ausgewiesen wurde".

Die Kommission sehe keine Notwendigkeit, die Landeshymne zu ändern, jedoch empfehle sie eine weitere kritische Auseinandersetzung mit dem Autor der Hymne im Zuge eines wissenschaftlichen Symposiums, heißt es in der Aussendung. 

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"Lassen die Hymne nicht umtexten"

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner sagt zum Bericht der Historikerkommission: „Niederösterreich ist ein stolzes Land. Ausdruck unserer Verbundenheit mit Niederösterreich ist unsere Landeshymne. Ich bin sehr froh, dass wir in unserer Haltung Rückenwind durch diese angesehene Historiker-Kommission erhalten haben."

Die Kritik der Autorinnen und Autoren bezeichnet Mikl-Leitner als "Alarmismus". Einer sachlichen Prüfung habe diese nicht standgehalten. Die Landeshauptfrau weiter: "Damit steht fest: Unsere Hymne bleibt unsere Hymne und die lassen wir uns nicht umtexten.“

Landesrat Ludwig Schleritzko bedankt sich als zuständiger Landesrat bei der Kommission und dem Landesarchiv für die Aufarbeitung: „Die Vergangenheit von Ginzkey weist dunkle Flecken auf. Diese Flecken wurden von der Kommission fundiert und transparent aufgearbeitet. Wichtig ist dabei aber, dass uns die Expertinnen und Experten bestätigen, dass der Hymnentext absolut unbedenklich ist."

Die Prüfung bestärke die Landesregierung in ihrer Entscheidung, den Text der Hymne nicht zu ändern. "Denn wenn es um unsere Landeshymne geht, lassen wir uns nicht von Emotionen leiten, sondern entscheiden auf Basis historischer Fakten."

"Konventionell und eher typisch"

Kommissions-Vorsitzender Stefan Karner sagt: „Der Hymnen-Text ist weder fremdenfeindlich noch antisemitisch, er ist konventionell und eher typisch für die 1950er Jahre. Die Kommission fordert daher keine Neuausschreibung."

Ihr Autor Ginzkey sei allerdings problematisch: Mit 70 trat er 1942 der NSDAP bei, war zuvor u.a. Freimaurer und Funktionär im Ständestaat - "ein politisches Chamäleon", so Karner. Als "Minderbelasteter" kam er nach 1945 zu höchsten Ehren der Republik.

Die Kommission empfiehlt daher eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Person Ginzkeys durch eine Konferenz und eine Publikation, erklärt der Historiker. Diese vom nö. Landesarchiv organisierte Tagung wird im November dieses Jahres in St. Pölten stattfinden.

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