Home Invasion: Verbrechen, die ein Leben verändern

Die Opfer, sofern sie es überleben, sind von den schrecklichen Erlebnissen meist schwer traumatisiert. Home Invasion nennt sich die besonders skrupellose Verbrechensform, bei der Kriminelle in Häuser und Wohnungen einbrechen und ihre Opfer mit Waffen bedrohen, fesseln, knebeln und oft auch schwer misshandeln.
„Es ist ein Eindringen in die Intim- und Privatsphäre und den höchstpersönlichen Lebensbereich der Menschen. Das macht diese Verbrechen so speziell“, erklärt einer, der es wissen muss. Chefinspektor Josef Deutsch hat 40 Jahre lang Räuber und Schwerverbrecher gejagt und eingesperrt. Vergangenen Juli ging er als Leiter der Raubgruppe beim Landeskriminalamt Niederösterreich in Pension.
In seiner aktiven Zeit als Kriminalist kann er sich an sechs Opfer erinnern, die im Zuge von Home Invasion getötet wurden oder später an den Folgen der schweren Misshandlungen im Krankenhaus starben.
Hinter Gittern
Dass einzige, was den überfallenen Opfern später ein wenig die Angst nehmen kann, sei die Tatsache, dass die Täter gefasst und sich hinter Gitter befinden, meint Deutsch. Deshalb war es auch eine gewisse Genugtuung, als im Sommer des Vorjahres eine beispiellose Home Invasion in Stripfing im Bezirk Gänserndorf sieben Jahre nach der brutalen Tat doch noch geklärt werden konnte. Ein Ehepaar, das einen Gemüseanbaubetrieb führte, wurde nachts von zwei Tätern heimgesucht. Videokameras filmten das unvorstellbare Martyrium. Die Eindringlinge schlugen sofort auf den auf einer Couch schlafenden, 70-jährigen Landwirt ein. Weil er sich wehrte, prügelten ihn die Täter bis zur Bewusstlosigkeit.
Um die Ehefrau unter Druck zu setzen und dazu zu bewegen, weitere Geldverstecke im Haus zu verraten, übergossen die Täter den Mann mit einer Flüssigkeit und drohten ihn in Brand zu stecken, erinnert sich Deutsch an den Fall. Ein 39-jähriger Bulgare konnte als einer der Verantwortlichen für den Überfall ausgeforscht und festgenommen werden. Er wurde mittlerweile zu neun Jahren Haft verurteilt.
Just am Muttertag, dem 11. Mai 2025, wurde eine 88-jährige Pensionistin in Tullnerbach (Bezirk St. Pölten) Opfer einer Home Invasion. Gegen 23 Uhr drang ein junger Mann in das Haus der Seniorin ein. Durch den Lärm wurde die 88-Jährige wach – sie lebte dort seit dem Tod ihres Lebensgefährten allein – und wollte nach dem Rechten sehen. Als sie die Taschenlampe des Täters bemerkte, wollte sie noch um Hilfe rufen, doch der Eindringling hielt sie brutal davon ab.
Psychische Folgen
Er zerrte die Frau ins Schlafzimmer, setzte sie auf das Bett und verlangte Geld. „Money, Money!“, wiederholte er immer wieder und durchsuchte das Zimmer. Während der Täter damit beschäftigt war, nützte die ältere Dame den Moment und betätigte eine Notfalluhr, die sie trug, wodurch ihre Tochter verständigt wurde.
Der junge Täter bemerkte das. Er riss ihr die Uhr aus der Hand und flüchtete. Während die Tochter der Frau die Rettungskette in Gang setzte, konnte der Täter untertauchen. Als die Polizei am Tatort eintraf, fehlte von ihm bereits jede Spur. Das Opfer blieb unverletzt, leidet aber bis heute an den psychischen Folgen des Vorfalls. Sie traut sich nicht mehr, allein in ihrem Haus zu schlafen. Untertags fährt sie nur mit Verwandtschaft dorthin, um nach dem Rechten zu sehen und etwas Zeit dort zu verbringen.
Den Täter beschreibt sie als etwa 1,70 Meter großen, dicklichen, südländischen Typ. Während der Tat soll er braun-graue Arbeitskleidung getragen haben. Dazu weiße Sportschuhe und Handschuhe. Per Phantombild wird bis heute nach ihm gefahndet.

TV-Dokumentation
Neuen Schwung in die Suche möchte Servus TV mit der True-Crime-Doku „Fahndung Österreich“ bringen, die am 8. Oktober ausgestrahlt wird. Die Dreharbeiten dazu, bei denen Schauspieler das Verbrechen nachstellten, fanden nicht am tatsächlichen Tatort, sondern in einem Haus in Eggendorf (Bezirk Wiener Neustadt Land) statt.
Hauptermittler Mario Riesner, Leiter der Kriminaldienstgruppe der Polizeiinspektion Pressbaum, schildert: „Unmittelbar nach der Tat musste das Opfer von der Rettung vor Ort versorgt werden, da die Dame aufgrund des Alters, beziehungsweise der Aufregung über Herzrasen und dergleichen geklagt hatte.“
Aufgrund der bisherigen Erhebungen gehe man davon aus, dass es eher eine Zufallstat war. Der Täter dürfte das Haus der 88-Jährigen nicht gezielt ausgesucht haben: „Weil er weder maskiert war noch irgendwelche Fesselungswerkzeuge oder dergleichen mithatte.“
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