Hohe Strafen in zweitem IS-Prozess

Im Grazer Straflandesgericht ging zweiter Dschihadisten-Prozess zu Ende
Sechs Jahre Haft für einen tschetschenischen Prediger, je fünf Jahre für zwei IS-Kämpfer. Nicht rechtskräftig.

"Immer der gleiche Mist", ärgert sich der Ankläger. "Der IS ist nichts anderes als praktizierter Faschismus mit Führerkult, Kriegsverherrlichung und Versklavung." Wie bei Hitler oder Stalin.

Einen Tag früher als geplant endet das zweite der vier Grazer Dschihadisten-Verfahren. Die Hauptangeklagten sind drei Männer: Ein 35-Jähriger, der in Syrien in einem Trainingscamp des IS gewesen sein soll, ein Kämpfer und der Prediger eines tschetschenischen Moschee-Vereins.

Dieser Imam ist für den Ankläger die Hauptfigur in diesem Verfahren. Er soll Männer für den Kampf radikalisiert haben. "Er hat viele Familien ins Unglück gestürzt." Die Schöffen sollten ihn zu "einer ordentlichen Haftstrafe" verurteilen. Der Angeklagte will gestern auf den Koran schwören, bevor er etwas sagt. Der Richter lehnt dies ab: "Das ist ein österreichisches Gericht."

Auch drei Frauen sitzen im Gerichtssaal, eine Mutter und ihre beiden Töchter. Die ältere Schwester ist 27, Mutter dreier Kinder und Witwe: Ihr Mann wurde in Syrien erschossen drei Tage, nach dem er dort ankam. Der Kreis zum Imam schließt sich: Der gefallene IS-Kämpfer soll ein Anhänger des 42-Jährigen gewesen sein.

Wie seine Frau, die ebenfalls den Gebetsverein in Graz besuchte, in der der 42-Jährige predigte: Als ihr Mann bereits tot war, wollte sie ebenfalls nach Syrien gehen. Ihre Mutter und ihre Schwester verhinderten das: Die Schwester zeigte auf Wunsch die Ältere an. Weil beiden später ihre Angaben änderten, wurden auch die jüngere Schwester und die Mutter angeklagt – wegen Falschaussage. Ihnen gesteht der Staatsanwalt als Einzigen in diesem Prozess so etwas wie eine "Situation unmittelbarer Not" zu.

Konservativ geprägt

Die Verteidiger versuchen, die Anklage zu zerpflücken. "Es gibt im ganzen Akt keinen einzigen Beweis", wettert der Anwalt des Imam. Und weiter: "Der einzige Beweis ist, dass Tschetschenen in Graz in eine Moschee gehen, die konservativ geprägt ist." Konservativ sei sein Mandant nun einmal. "Er macht keinen Hehl daraus, dass er ein radikaler Moslem ist."

Ebenfalls ahnungslos sei der 35-Jährige gewesen, der in IS-Camps gewesen sein soll. "Dass er in einem Auto gesessen ist, mit dem die ihr Trainingslager besuchen, kann man ihm nicht vorwerfen", moniert sein Anwalt.

Das Gericht sieht die Angeklagten jedoch nicht so harmlos: Der Prediger wird zu sechs Jahren unbedingter Haft verurteilt, die beiden anderen Männer zu jeweils fünf Jahren.

"An der Schuld besteht kein Zweifel", begründet der Richter. Beide Angeklagte seien IS-Kämpfer gewesen, während der Imam Männer durch Predigten bewogen habe, überhaupt erst nach Syrien zu gehen. Die junge Witwe kommt mit 15 Monaten Haft, ein Monat unbedingt, davon. Ihre Mutter erhält fünf Monate bedingt, ihre Schwester drei Monate bedingt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

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