Hohe Dunkelziffer: Tausende Lenker ohne Führerschein unterwegs

Hohe Dunkelziffer: Tausende Lenker ohne Führerschein unterwegs
Seit 2018 waren mehr als 2.400 Personen ohne gültige Lenkerberechtigung an Verkehrsunfällen beteiligt.

Wie viele Menschen genau in Österreich ohne gültige Lenkerberechtigung am Steuer eines Fahrzeugs sitzen, weiß niemand. Nicht einmal die Polizei erhebt, wie viele "scheinlose Personen" bei Verkehrskontrollen ertappt werden.

Die Dunkelziffer dürfte aber hoch sein, wie aktuelle Zahlen der Statistik Austria belegten. In den vergangenen fünf Jahren (2018-2022) waren mehr als 2.400 Personen ohne gültige Lenkberechtigung an Unfällen beteiligt.

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Durchschnittlich sind das pro Jahr fast 500 Personen, bei denen bei der Unfalldatenaufnahme "kein Führerscheinbesitz" steht. Zehn "scheinlose" Lenker starben 2022 bei Unfällen - sieben mit Pkw, zwei mit Motorrad, eine mit Moped.

"Diese Zahl dürfte aber nur die Spitze des Eisbergs sein. Die Dunkelziffer muss weit höher liegen - es gibt keine aktuellen Zahlen, wie viele 'scheinlose Personen' bei Verkehrskontrollen ertappt werden. Gar nicht zu reden von denen, die unentdeckt  fahren"

von Marion Seidenberger

ÖAMTC-Verkehrspsychologin

Die meisten Personen, die ohne vorgeschriebene Lenkberechtigung bei der Unfalldatenaufnahme aufgeflogen sind, waren unter 40 Jahre. Und mit 88 Prozent waren es fast ausschließlich Männer. Vom Fahrzeugtyp führen Quadfahrer die Negativ-Statistik mit 5,6 Prozent Anteil an, gefolgt von Arbeitsmaschinen-, Moped- und Motorradlenkern.

Warum man ohne Führerschein trotzdem am Steuer sitzt

  • Kein Führerschein: Manche Menschen haben - aus Zeit-, Bequemlichkeits- oder Kostengründen - nie einen Führerschein gemacht. Oder sie haben die Fahrprüfung nicht geschafft. Oder sie sind zu jung.
  • Falscher Führerschein: Manchmal ist die „scheinlose“ Fahrt ein Irrtum oder Ignoranz - wenn man für das Kfz nicht die richtige Lenkberechtigung hat. Für Quads gibt es beispielsweise unterschiedliche Regelungen je nach Motorisierung und Größe.
  • Führerschein weg: Bei groben Delikten wie Alkohol und Drogen am Steuer, mehrmaligem Missachten von Rotlicht oder Rasen kann die Polizei die Lenkberechtigung entziehen. Für die Wiedererlangung gibt es dann bestimmte Vorgaben.

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"Wer zum zweiten Mal wegen des Lenkens eines Fahrzeugs ohne Führerschein angezeigt wird, dem kann anstelle der Geldstrafe sofort eine Freiheitsstrafe von sechs Wochen blühen. Ab dem dritten Mal können Geld- und Freiheitsstrafe sogar gleichzeitig verhängt werden."

von Matthias Wolf

ÖAMTC-Jurist

    "An diese sollte man sich halten und keinesfalls 'schwarzfahren'. Das macht alles nur schlimmer", warnt ÖAMTC-Expertin Marion Seidenberger und stellt klar: "Egal aus welchem Grund keine Lenkberechtigung vorliegt: Es ist ein No-Go und strengstens verboten, ein Kraftfahrzeug in Betrieb zu nehmen, ohne den dafür notwendigen Führerschein zu haben. Wer sich darüber hinwegsetzt, muss mit Konsequenzen rechnen."

    Was kann passieren, wenn man ohne Schein unterwegs ist

    • Lenkt man ein Kfz ganz ohne Lenkberechtigung (egal ob Führerschein nie gemacht oder wegen eines Delikts entzogen), muss man mit einer Geldstrafe von 363 Euro bis 2.180 Euro rechnen. Kann man die Strafe nicht bezahlen, ist alternativ eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen möglich.
    • Das gilt auch, wer etwa den B-Führerschein besitzt, allerdings mit einem Fahrzeug unterwegs ist, für das Klasse A benötigt wird.
    • Mit der Anzahl der Vergehen steigt auch das Ausmaß der Strafe.

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    • Wer seinen Führerschein verloren oder vergessen hat und diesen (oder eine Verlustanzeige) bei einer Polizeikontrolle nicht vorweisen kann, muss mit einer Geldstrafe von mindestens 20 Euro rechnen.
    • Ist man ohne Lenkberechtigung in einen Unfall verwickelt, hat das auch versicherungsrechtliche Konsequenzen: Die Versicherung kann die Haftung ablehnen und Regressforderungen geltend machen - die Schäden des Unfallgegners müssen dann selbst bezahlt werden.
    • Das betrifft übrigens auch privat ge- bzw. verliehene Fahrzeuge: Wer sein Fahrzeug anderen Personen überlässt, muss sich vergewissern, dass diese eine entsprechende Lenkberechtigung haben. Passiert ein Unfall, gilt sonst: Ohne Führerschein besteht kein Versicherungsschutz.

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