Ab 70 Führerschein auf Zeit? Österreich wehrt sich gegen die EU

Ab 70 Führerschein auf Zeit? Österreich wehrt sich gegen die EU
Landesverkehrsreferenten erteilten dem Brüsseler Plan einstimmig eine Absage.

In Mobilitätsfragen sind die neun Landesverkehrsreferenten von ÖVP, SPÖ und FPÖ oft anderer Meinung als die Grüne Klimaministerin Leonore Gewessler.

In manchen Punkten finden sie sich dann doch, wie sich bei der Präsentation der Beschlüsse nach deren Konferenz in der Linzer Tabakfabrik zeigte. Etwa, wenn es gilt, einen Plan der EU schon im Keim abzuwehren.

In Brüssel wird nämlich darüber nachgedacht, Personen ab 70 Jahren nach einer Führerscheinreform künftig alle fünf Jahre zur Überprüfung ihrer Fahrtauglichkeit zu „bitten“. Diese Mindestvorgabe soll in allen EU-Ländern gültig sein, so sie realisiert wird.

Wichtiger Faktor für ländliche Bevölkerung

Dem erteilten die Verkehrsreferenten eine deutliche Abfuhr. Per Beschluss forderten sie auf Antrag Kärntens eine klare Positionierung von Bund und Ländern dagegen ein.

Der Kärntner Verkehrslandesrat Sebastian Schuschnig, SPÖ, erklärt: „Gerade in ländlichen Regionen ist der Führerschein ein wichtiger Faktor, um auch im Alter dort leben zu können.“ Darüber hinaus sei das Risiko, Unfälle zu verursachen, bei älteren Verkehrsteilnehmern über 65 geringer als bei jüngeren Altersgruppen.

Deshalb fordern die Verkehrsreferenten einstimmig „einen gemeinsamen Schulterschluss von Bund und Ländern, sich klar dagegen auszusprechen“. Was Gewessler zustimmend entgegennahm.

Andere Länder, andere Sitten

Die Schweiz bittet alle Lenkerinnen über 75 alle zwei Jahre zur ärztlichen Überprüfung ihrer Fahrtauglichkeit, in Dänemark wird jeder über 80 jedes Jahr gecheckt. Und in Italien werden auch unter 50-Jährige alle zehn Jahre zu medizinischen Tests gebeten, je älter, desto kürzer die Abstände.

28 Beschlüsse

Insgesamt einigten sich die neun Landesverkehrsreferenten von ÖVP, SPÖ und FPÖ auf 28 einstimmige Beschlüsse. Nicht alle bahnbrechend, aber im Auftreten Einigkeit signalisierend.

Ein Punkt drehte sich um die Sicherheit. Alleine in Oberösterreich, das mit FPÖ-Verkehrslandesrat Günther Steinkellner den Vorsitzenden stellte, wurden im Vorjahr 1.800 Drogenlenker erwischt.

Mehr dazu hier: Sichere Straßen in der EU: Österreich nur auf Platz 13

Klinische Kontrollen sollen künftig von „besonders geschulten und dazu ermächtigten Personen“ durchgeführt werden dürfen. Dafür sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Geprüft werden soll auch eine strafrechtliche Verfolgung von Teilnehmern an Straßenrennen.

Um den Erhalt der Straßeninfrastruktur zu sichern, ersuchen die Länder Ministerin Gewessler und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), eine Zweckbindung auf Einnahmen aus der Mineralölsteuer sowie aus Verkehrsstrafen auf Landesstraßen B, die derzeit dem Bund zufließen, einzuführen.

Zweckbindung

Dieses Geld soll nach gemeinsam definierten Vorgaben für Sanierung und Erhalt von Straßen, Brücken und Tunnel eingesetzt werden. Dass die Mobilitätswende nur über ein verstärktes öffentliches Verkehrsangebot erfolgen kann, ist klar. Dazu bekannten sich die Teilnehmer.

Dem steht entgegen, dass am Arbeitsmarkt aktuell kaum Personal zur Aufrechterhaltung des Regionalverkehrs rekrutiert werden kann. Deshalb fordert die Konferenz, Buslenker in die bundesweite Liste der Mangelberufe aufzunehmen.

Öffentlicher Verkehr

Zum öffentlichen Verkehr zählt auch der nächste Punkt. Beschlossen wurde, dass die rechtlichen Grundlagen für die Einführung bedarfsorientierter Mobilität erleichtert werden. Sprich: On-Demand-Verkehr wie Anrufsammeltaxis sollen einfacher und schneller realisierbar gemacht werden.

Mehr dazu hier: Ein Bus auf App-Ruf

Gefordert wird von der Ministerin weiters, dass raschestmöglich eine Bestimmung zur automatisierten Überwachung von Verkehrsbeschränkungen in der StVO eingeführt werde. Nur bei den Scootern gab es keine Einigkeit: Zu unterschiedlich seien aktuell die genutzten Geräte.

Aber Leonore Gewessler hatte noch eine Zahl zum öffentlichen Verkehr mit: Die Zahl der österreichweiten Klimaticket-Besitzer ist mittlerweile auf 230.000 geklettert - mit 110.000 war gerechnet worden. 

Mehr dazu hier: Das Klimaticket im Praxistest: In 80 Stunden durch Österreich

70 Prozent der Nutzer sagen, dass sie deshalb auch das Auto selbst weniger oft benutzen. Darüber hinaus gebe es mittlerweile rund eine Million regionaler Klimatickets, so Gewessler.  

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