Reaktionen zum bundesweiten Lockdown: FPÖ spricht von Diktatur
Mit erwartungsgemäß drastischen Worten hat die FPÖ auf die neuen Maßnahmen gegen die Coronawelle reagiert - insbesondere die geplante Impfpflicht. Via Aussendung konstatierte Parteichef Herbert Kickl, der vor kurzem selbst positiv auf Covid getestet worden war: "Österreich ist mit heutigem Tag eine Diktatur!" Die SPÖ und die NEOS wiederum kritisierten das zögerliche Handeln der Regierung.
Mit dem angekündigten "generellen Impfzwang" überschreite die türkis-grüne Bundesregierung „eine dunkelrote Linie“, befand Kickl und zeigt sich außerdem sicher, dass dieser verfassungswidrig ist. Zuvor hatten mehrere Verfassungsexperten keine Bedenken gegen diese Maßnahme geäußert. Kickl erwartet sich nun vorab eine Stellungnahme des VfGH zum "Regierungsangriff auf das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit der Menschen in diesem Land".
"Verantwortungslos"
Laut ÖVP-Klubchef August Wöginger droht die Gefahr von ganz anderer Seite - nämlich der freiheitlichen: „Dass Österreich nun neuerlich einen rigiden Weg beschreiten müsse, liege nicht zuletzt in der Verantwortung von FPÖ-Chef Herbert Kickl, der sich nach wie vor - und wider bessere Vernunft - vor die Ungeimpften stelle.“ Dass es nach wie vor so viele ungeimpfte Menschen gibt, gehe klar auf dessen Konto. Auch Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte in der Pressekonferenz zur Verkündung der Maßnahmen dazu gemeint: "Das ist verantwortungslos. Das ist eigentlich ein Attentat auf unser Gesundheitssystem."
Drittimpfung forcieren
Für SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner ist klar, wie sie in einer Aussendung betonte: "Der vierte Lockdown hätte verhindert werden können. Die Regierung hat die Warnungen der Experten zu lange nicht ernstgenommen." Die Impfpflicht nannte sie abermals ein "heikles Thema", entscheidend sei aber, dass eine Situation wie derzeit damit künftig jedenfalls verhindert werde. Zudem drängte Rendi-Wagner auch darauf, die dritte Teilimpfung sofort aktiv zu forcieren.
Für die NEOS ist der erneute komplette Lockdown in Österreich das Ergebnis eines Totalversagens der Bundesregierung. "Dass er nun als ultima ratio scheint, um das Gesundheitssystem zu schützen, zeigt nur das Zögern und Zaudern davor", sagte Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. Bestraft würden auch jene Bundesländer, die Vorbereitungen getroffen haben und das Impfen sowie PCR-Testmöglichkeiten breit ausgerollt haben. "All das hätte sich Österreich erspart, wenn im Sommer und Frühherbst entschlossen gehandelt worden wäre."
Intensivmediziner begrüßen Maßnahmen
Intensivmedizinerinnen und -mediziner begrüßen den am Freitag verkündeten österreichweiten Lockdown zur Eindämmung der vierten Corona-Welle. "Die Rekordwerte bei den Infektionszahlen, die wir jetzt Tag für Tag erlebt haben, werden sich erst zeitverzögert auch in den Normal- und Intensivstationen widerspiegeln. Es ist wirklich höchste Zeit für eine Vollbremsung", betonte Walter Hasibeder, Präsident der Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI).
"Angesichts der aktuellen Infektionsentwicklung gibt es aus unserer Sicht keine Alternativen zu einer noch stärkeren Kontaktbeschränkung als zuletzt, daher sind alle Maßnahmen zu begrüßen, die mithelfen, die Dynamik zu dämmen", so Hasibeder in einer Aussendung. "Allerdings kommen sie spät", erläuterte er. Auch wenn jetzt Geimpfte wie Ungeimpfte von verschärften Maßnahmen betroffen sind, bleibe es natürlich das Gebot der Stunde, dass sich noch nicht Immunisierte impfen lassen und bereits Immunisierte an den rechtzeitigen "Booster" denken, betonte Hasibeder.
"An Normalbetrieb nicht zu denken"
"Wir haben in den vergangenen Wochen, auch gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften, unsere Sorge über drohende Versorgungsengpässe für alle - Covid-19-Kranken ebenso wie andere Patientinnen und Patienten - ausgedrückt, die sich aus einer unzureichenden Impfrate und steigenden Infektionsraten ergeben", sagte Hasibeder. "Leider ist genau diese Entwicklung eingetreten und es ist, wenn auch regional noch unterschiedlich stark, an einen Normalbetrieb nicht mehr zu denken."
"In vielen Bereichen sehen wir durch die Corona-bedingt hohe Belastung der Intensivkapazitäten schrittweise immer mehr Kollateralschäden in anderen Versorgungsbereichen." Medizinerinnen und Mediziner, die sich der bestmöglichen Betreuung von Erkrankten verschrieben haben, bringe das in höchst schwierige Situationen.
Kein Verständnis haben die Intensivmediziner laut der Aussendung für "radikale Gruppen, die in Stadtzentren oder sogar vor Krankenhäusern gegen Corona-Schutzmaßnahmen demonstrieren". Jede und jeder in Österreich sei betroffen, wenn nicht mehr alle Unfall-, Schlaganfall- oder Herzinfarktopfer oder Krebspatientinnen und -patienten die Versorgung bekommen können, die sie bräuchten.
NÖ Ärztekammer sieht Impfung als einzigen Ausweg
Grundsätzlich werden die heute beschlossenen Maßnahmen von der Ärztekammer begrüßt. Diese werden für manche Erkrankte aber zu spät kommen, richtet man über eine Aussendung aus. "Wir sind sehr froh, dass sich die Bundesregierung endlich dazu durchgerungen hat, verschärfte Maßnahmen zu setzen. Bis wir die Auswirkungen allerdings in den Spitälern sehen werden, wird es für viele Menschen zu spät sein. Ob der von der Regierung anberaumte Zeitraum ausreicht, um eine Kehrtwende einzuleiten, ist fraglich", sagt Gerrit Loibl, Vizepräsident der NÖ Ärztekammer.
Die Impfung sei der einzige Ausweg aus der Pandemie, daher habe sich die Ärztekammer NÖ auch immer für eine Impfpflicht ausgesprochen. Im Februar sei es dafür aber zu spät, kritisiert Loibl.
Kommentare