Anwalt: "In der Ehe ein Schwein, aber deswegen kein Mörder"
Unter regem Medieninteresse hat am Donnerstag am Landesgericht Klagenfurt ein Mordprozess gegen einen 36-jährigen Kärntner begonnen. Der Mann soll im August 2019 seine hochschwangere Geliebte ermordet haben. Der Geschworenenprozess unter Vorsitz von Richter Christian Liebhauser-Karl ist vorerst für zwei Tage anberaumt, morgen, Freitag, kann es bereits ein Urteil geben.
Die Geliebte des Mannes, eine 31-jährige, mehrfache Mutter, war in der Nacht auf den 17. August in Paternion (Bezirk Villach-Land) getötet worden. Nachbarn der Frau hatten die Polizei gerufen, nachdem sie Lärm aus der Wohnung der Familie gehört und kurz danach einen Mann weglaufen gesehen hatten. Die Beamten fanden die Frau tot in ihrer Badewanne.
Zwei Tage später wurde der damals 35-Jährige in Untersuchungshaft genommen. Er hatte ein Verhältnis mit der Frau und war auch der Vater des ungeborenen Kindes, das mit seiner Mutter getötet wurde.
Auch bei Prozessbeginn am Donnerstag bekannte sich der Angeklagte nicht schuldig. Er hatte schon während den gesamten Ermittlungen bestritten, etwas mit der Tat zu tun zu haben.
Staatsanwältin Tanja Wohlgemuth zeichnete in ihrem Eröffnungsplädoyer detailliert die Beziehung zwischen dem Angeklagten und dem Mordopfer nach. So hatte sich zwischen den beiden eine Affäre entwickelt - die 31-Jährige war alleinerziehende Mutter von drei Kindern, der 36-Jährige verheirateter Familienvater.
Zweite Geliebte
Als die Frau schwanger wurde, habe er sie zu einem Schwangerschaftsabbruch gedrängt, sagte Wohlgemuth: „Er hat ihr auch eine Einmalbezahlung angeboten.“
Es sei auch nicht die erste Geliebte gewesen, die der Mann gehabt habe. Als eine Kollegin von ihm dem Angeklagten mitteilte, dass sie schwanger sein und wollte, dass sich der Angeklagte zu ihr bekennt, habe der Angeklagte schlimmste Drohungen ausgestoßen: Er werde die Frau und ihren Ehemann zerstören, er werde richtig durchdrehen und es sei ihm egal, wenn er dafür „sitzen“ gehe. „Schon damals begann das Lügenkonstrukt des Angeklagten zu schwanken“, sagte Wohlgemuth, der 36-Jährige wollte die Affäre geheim halten.
Dass seine zweite Affäre, das spätere Mordopfer, ihr Kind bekommen wollte, brachte die Lage zum Eskalieren, so Wohlgemuth. Nach einem Fußballspiel am 16. August, bei dem er als Schiedsrichter im Einsatz gewesen war, setzte sich der Angeklagte ins Auto und fuhr anstatt nach Hause nach Klagenfurt in die Oberkärntner Ortschaft Feffernitz, wo seine Geliebte wohnte.
„In der Wohnung tötete er die Hochschwangere in Anwesenheit ihrer schlafenden Kinder“, so Wohlgemuth weiter. Er habe auf sie eingeschlagen und sie an Kopf und Brustkorb verletzt. „Danach zerrt er sein Opfer in die Badewanne und befüllt sie mit Wasser, um Spuren zu vernichten“, so Wohlgemuth weiter, „noch während das Wasser rinnt, läuft er zu seinem Auto.“
Zeugen und DNA-Spuren
Die Staatsanwältin verwies auf eine Reihe von Beweisergebnissen, die den Angeklagten belasten würden. So habe er kurz nach der Tatzeit einen Anruf entgegengenommen, der Anruf wurde über einen Funkmasten nahe des Tatortes aufgebaut. Zwei Zeugen hätten eine Personenbeschreibung abgegeben, die auf den Angeklagten passe.
Auf einem T-Shirt des Mannes wurde eine DNA-Spur des Mordopfers gefunden. Außerdem wurden im Müll vor der Klagenfurter Wohnung des Angeklagten Schuhe gefunden, die zu Spuren am Tatort passen würden und dem Angeklagten zugeordnet werden. Außerdem hätte der Mann, der seit August 2019 in Untersuchungshaft sitzt, gegenüber einem Mithäftling die Tat gestanden.
Beweislage "ganz und gar nicht klar"
„Nur weil er in der Gegend gewesen ist, ist er noch lange kein Mörder“, replizierte Manfred Arbacher-Stöger, der Verteidiger des Angeklagten, auf den Eröffnungsvortrag der Staatsanwältin. Die Beweislage sei ganz und gar nicht so klar, wie sie es dargestellt habe. So würden die Täterbeschreibungen der Augenzeugen nicht zu seinem Mandanten passen.
"In Ehe ein Schwein"
Er verwies außerdem auf eine DNA-Spur, die beim Mordopfer gefunden wurde. Diese würde weder zu einem der Ersthelfer noch zu dem Angeklagten passen. „Dass er in der Ehe ein Schwein war - da ist er hundertprozentig schuldig. Das reicht aber nicht für eine Verurteilung wegen Mordes“, meinte der Verteidiger des 36-Jährigen. Auch die Nachrichten, die der Mann an seine erste Affäre geschickt hatte, seien keine Beweise: „Zwischen einer Drohung und einem Mord - da liegen Welten, wenn nicht Galaxien dazwischen.“
Auch der Angeklagte selbst beteuerte weiter seine Unschuld: Dass es ihn in der Nacht der Tat in die Nähe des Wohnortes seiner Geliebten verschlagen hatte, begründete der Angeklagte damit, dass er falsch auf die Autobahn aufgefahren sei. Warum er dann nicht die nächste Ausfahrt genommen habe, sondern an mehreren Ausfahrten vorbei in die falsche Richtung gefahren sei, wollte Liebhauser-Karl wissen. „Ich mache das öfter, dass ich im Auto nachdenke“, sagte der Angeklagte.
Dass sein Handy während der zwei Stunden ausgeschaltet gewesen sei, sei ihm nicht aufgefallen - in der Zwischenzeit habe ihn seine Ehefrau mehrmals angerufen, weil sie sich Sorgen um ihn gemacht hatte. Zu den Turnschuhen, von denen Abdrücke auf der Haut des Mordopfer sichergestellt und die in der Nähe seiner Wohnung gefunden wurden, sagte er, dass sie nicht ihm gehörten: „Die wird wohl jemand dort weggeworfen haben.“
"Habe sie im Juli zum letzten Mal gesehen"
Schließlich drehte sich die Einvernahme um eine DNA-Spur der Getöteten auf dem T-Shirt, das der Angeklagte am fraglichen Tag getragen hatte. Mehrmals beteuerte er, dass diese nicht von dem Mordopfer stammen könne: „Ich habe sie Ende Juli zum letzten Mal gesehen.“ Das DNA-Signal könne genauso von seiner Mutter, wie von seiner Ehefrau stammen, erklärte er. „Das werden wir dann den Gutachter fragen“, kommentierte das der Vorsitzende.
Der Prozess wurde wegen des Coronavirus unter speziellen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt. Zwischen den Zuhörern musste immer ein Platz freibleiben, für sie und Medienvertreter galt Maskenpflicht.
Zweite Geliebte des Angeklagten sagte unter Tränen aus
Beim Mordprozess gegen einen 36-jährigen Kärntner ist am Donnerstagnachmittag eine ehemalige Freundin des Angeklagten einvernommen worden. Die Frau beschrieb eine turbulente Affäre mit dem Mann, den sie in der Firma kennengelernt hatte. Sie sei von ihm schwanger gewesen, habe das Kind aber verloren.
„Es gab einen Plan für eine gemeinsame Zukunft“, sagte die Frau, die nicht in Anwesenheit des Angeklagten reden wollte und immer wieder in Tränen ausbrach. Am Anfang sei die Beziehung schön gewesen, man sei „auf einer Wellenlänge“ gewesen. Begonnen hatte das Verhältnis im Mai 2018, im Juli 2019 sei die Affäre beendet gewesen.
"Über sowas würde ich nie einen Schmäh machen"
Zu diesem Zeitpunkt sei sie von ihm schwanger gewesen, sagte die Frau. Als sie ihm dies mitgeteilt hätte, habe er gleichgültig reagiert. Richter Christian Liebhauser-Karl erklärte ihr, der Angeklagte habe ausgesagt, sie hätte gelogen und sei gar nicht schwanger gewesen. Diesen Vorwurf wies sie empört zurück, mit so etwas würde sie niemals „einen Schmäh machen“. Im August habe sie dann das Kind verloren, sie habe einen Blutsturz gehabt und sei danach zu ihrer Gynäkologin gegangen.
Die Zeugin berichtete, der Angeklagte habe teilweise sehr abfällig über seine Ehefrau geredet. Er habe gesagt, seine Frau sei ein Krebsgeschwür, er würde seine Frau am liebsten schlachten, das könne er aber nicht. Sie sei für ihn sexuell nicht mehr interessant.
„Ich war schockiert, dass er so etwas über seine Frau sagt“, meinte sie. Trotzdem habe sie die Beziehung nicht beendet, „ich war so gefangen von ihm, dass ich ihm alles geglaubt habe“. Sie habe alles durch die rosarote Brille gesehen und sich selber nicht mehr gekannt. Als sie dann schwanger gewesen sei, habe sie eine Entscheidung von ihm verlangt: „Ich wollte mich nicht monatelang von ihm hinhalten und erpressen lassen“.
Richter ermahnt Verteidiger scharf
Die Frau berichtete dann davon, wie sie über den Mord an der 31-Jährigen informiert worden war: „Als ich einen Anruf von der Polizei bekommen habe und gefragt worden bin, ob ich ihn kenne, habe ich als erstes gefragt, hat er sich umgebracht?“ Als die Polizei dies verneint habe, habe sie gefragt ob er seine Frau umgebracht hätte.
Die Co-Verteidigern des Angeklagten, Christine Lanschützer, wollte dann die Schwangerschaft der Zeugin infrage stellen. Als sie detaillierte Fragen zum Blutsturz der Frau stellen wollte, untersagte Richter Liebhauser-Karl die Frage und erteilte der Verteidigerin eine scharfe Rüge. Die Zeugin verließ schluchzend den Gerichtssaal.
Befragt wurde auch die Mutter des Opfers. Sie erzählte, sie hätte keine Freude damit gehabt, dass ihre Tochter noch ein Kind bekommen sollte. Was sie über die Beziehung ihrer Tochter zum Angeklagten wisse, das wisse sie in erster Linie vom älteren Sohn ihrer Tochter. Von ihm habe sie auch indirekt erfahren, dass der Angeklagte der Vater des Kindes sei. Dass er verheiratet sei, habe sie nicht gewusst.
Vater des Opfers sagt aus
Die Tochter habe gesagt, dass es ihr ganz wichtig sei, dass in der Geburtsurkunde ein Kindesvater stehe, denn jedes Kind habe ein Recht darauf, zu wissen, wer der Vater ist. Die Tochter habe sich sehr auf das Kind gefreut: „Sie hat für das Baby alles gerichtet, es war Nahrung da, Windeln, ein Gitterbett und ein Kinderwagen. Es war alles angerichtet, es brauchte nur noch zu kommen.“ Auf die Frage, wie der Vater auf die Schwangerschaft reagiert habe, hätte die Tochter gesagt: schlecht.
Der Vater des Opfers sagte, er habe ein enges Verhältnis zu seiner Tochter gehabt. Er habe gewusst, dass sie von einem verheirateten Mann schwanger war. Sie habe ihm auch gesagt, dass der Kindsvater eine Abtreibung haben wollte.
Als sie dies abgelehnt habe, hätte er ihr angeboten, ihr eine einmalige Zahlung von 18.000 Euro zu leisten, wenn der Kindesvater nicht genannt werde.
Die Verhandlung wurde auf Freitag vertagt. Da werden weitere Zeugen vernommen und die Sachverständigengutachten erörtert.
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