Heizen: "Schlimm, wenn das Geld fehlt"

Heizen: "Schlimm, wenn das Geld fehlt"
313.000 Menschen in Österreich haben zu wenig Geld, um ihre Wohnung zu heizen. Die Caritas bietet Hilfe an.

Bis 8. November hat Sandra S. aus dem Bezirk Neunkirchen noch knapp 20 Euro zum Leben. Monatlich stehen ihr und ihrem Kind, das an einer Aufmerksamkeitsstörung leidet, 760 Euro zur Verfügung. Davon muss S. Schulden begleichen, einen Kredit zurückzahlen und sich und ihr Kind durchbringen. Statt teurem Brot kauft sie billiges Toastbrot, zu Mittag gibt es nur Nudeln mit Ei.

Im Juli erhielt die 29-Jäh­rige, die eine Ausbildung zur Pflegehelferin absolviert, eine Ankündigung zur Strom­abschaltung. Ihr blieben 14 Tage, um die offene Rechnung zu zahlen, sonst werde die Stromzufuhr gestoppt. "Ich konnte nicht mehr schlafen. Was sollst du tun, wenn du ein Kind hast und dir wird vielleicht der Strom abgedreht?", fragt S. 182,43 Euro machte ihre Rechnung aus. "Es ist eigentlich nicht viel, aber wenn das Geld fehlt, ist es einfach schlimm."

313.000 Menschen in Österreich können ihre Wohnung nicht ausreichend heizen. Besonders betroffen sind Frauen, Alleinerzieher, oder Menschen mit Migrationshintergrund. Oft leben sie in ungedämmten Wohnungen mit veralteten Heizungs- und Elektrogeräten. Viele wissen nicht, wie sie Strom sparen können.

Wenn es brenzlig wird, wenden sie sich an Martin Litschauer. Er ist Leiter der Caritas-Sozialberatung in der Diözese Wien. Zahlungsrückstände gebe es zwar das ganze Jahr, aber "oft kümmern sich die Leute erst jetzt darum – jetzt wird es akut. Es wird kalt", sagt Litschauer. Der größte Teil des Spendenbudgets seiner Sozialberatung fließt in Energiezahlungen.

Kostenübernahme

Etwa in die von Sandra S. Sie bat um Hilfe – ein schwerer Schritt für die junge Mutter: "Es war mir unangenehm. Ich hab mir gedacht: Ich bin 29 Jahre und krieg nix auf die Reihe."

Die Scham, Hilfe in Anspruch zu nehmen, kennt Caritas-Sprecher Klaus Schwertner: "Damit sind wir oft konfrontiert. Dabei ist die Caritas genau für solche Fälle da." Um Stromabschaltungen zu verhindern, arbeitet die Caritas mit Energieanbietern zusammen. In der Diözese St. Pölten etwa wurden Mitarbeiter zu Energieberatern ausgebildet. In den Haushalten zeigen sie vor, wie und wo am besten Strom gespart werden kann. In Härtefällen übernimmt die Caritas auch die Stromrechnung.

Sandra S. war so ein Härte­fall. Die ausständigen 182,43 Euro übernahm die Caritas. "Für mich war das wie Weihnachten und Geburtstag zusammen."

Caritas-Inlandshilfe

Kaum zu glauben: Mehr als eine halbe Million Menschen in Österreich leben in akuter Armut. Obwohl so viele betroffen sind, ist die Armut hierzulande oft unsichtbar. Mit der Kampagne "Inlandshilfe 2012" startet die Caritas den Versuch, Armut sichtbar zu machen. "Wir wollen Wärme schenken", sagt Präsident Franz Küberl, "praktische Wärme und Wärme im Herzen. Wir sind verpflichtet, Schutzbedürftigen Schutzhäuser zu bieten."

Eines dieser Schutzhäuser befindet sich im 15. Wiener Bezirk. Das Mutter-Kind-Haus Luise bildet einen Zufluchtsort für Mütter in Not. 20 Wohneinheiten für 20 Mütter und 40 Kinder stehen dort zur Verfügung. So unterschiedlich die Lebensgeschichten der Frauen sind, das Ziel ist in allen Fällen dasselbe: Vertrauen zu schaffen, zu beraten, be­treuen, beobachten, Hilfestellung zu geben.

Das hat sich auch die Caritas-Einrichtung BBO – Beschäftigung und Berufs­orientierung in St. Pölten zur Aufgabe gemacht. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der beruflichen Rehabilitation psychisch kranker Menschen. In hauseigenen Werkstätten wie Copyshop und Bügelservice sollen die Teilnehmer langsam wieder auf den Berufsalltag vorbereitet werden. Gesorgt wird dabei auch für die Kinder psychisch kranker Eltern. Im Zuge des Projekts KIPKE werden diese über die Erkrankung des Elternteils informiert. Leiterin Anna Entenfellner: "Es ist wichtig für die Kinder, die Dinge beim Namen zu nennen. Genau dabei wollen wir helfen."

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