Heimskandal: Für frühen Feierabend Bewohner „um 15 Uhr ins Bett gebracht“

Im Altenwohnheim Zell in Kufstein wurden bereits drei Mitarbeiter fristlos von der Stadt gekündigt
In Kufsteiner Altersheim soll Pflegepersonal Arbeitszeitnachweise gefälscht und Hilfsbedürftige „abgefüttert“ haben

Die Vorwürfe wiegen schwer, die gegen Mitarbeiter des Altenwohnheims Zell in Kufstein erhoben werden. Pflegepersonal soll beim Ausstempeln getrickst haben und Schichten statt um 19 bereits um 17 Uhr beendet haben. Es steht zunächst der Verdacht des Betrugs im Raum.

Für Bürgermeister Martin Krumschnabel „ist es aber vor allem unerträglich, dass damit Nachteile für pflegebedürftige Personen verbunden waren“, sagt er zum KURIER. Die einfache Rechnung: „Wenn jemand nicht da ist, kann er auch keine Pflegeleistung erbringen.“

Am Montagabend wurde dem Stadtsenat in einer Sondersitzung ein Bericht zu der Causa vorgelegt, wie die Tiroler Tageszeitung berichtete. Darin heißt es, dass Bewohner „etwa schon um 15 Uhr ins Bett gebracht und mit Grießbrei abgefüttert worden sind, um den früheren Dienstschluss zu ermöglichen“.

Die Politik reagierte darauf mit fristlosen Kündigungen von drei in den Fall verwickelten Mitarbeitern – davon eine Person mit Leitungsfunktion, so Krumschnabel. Ob weitere Bedienstete involviert waren, ist noch unklar.

Wie die Affäre aufflog

Geradezu kurios ist, wie die mutmaßlichen Missstände – es gilt die Unschuldsvermutung – aufgedeckt wurden. „Diese Mitarbeiter haben sich bei mir beschwert, dass sie von der Altersheimleitung versetzt wurden und haben dahinter Altersdiskriminierung gesehen“, erzählt der Bürgermeister.

Heimskandal: Für frühen Feierabend Bewohner „um 15 Uhr ins Bett gebracht“

Kufsteins Bürgermeister Martin Krumschnabel

Als man diesen Vorwürfen auf den Grund ging, kam hingegen die Fälschung der Arbeitszeitnachweise zutage. Während einige Mitarbeiter früher Feierabend machten, blieb einer auf der Station und stempelte die anderen dann später aus. „Von außen war das schwer zu erkennen“, so Krumschnabel, laut dem etwa der Pflegedienstleiter entlastet worden sei.

Die beschuldigten Mitarbeiter sollen möglicherweise auch Pflegenachweise gefälscht haben, etwa Blutdruckwerte ohne Messungen dokumentiert haben. „Sie haben dieses System offenbar jahrelang betrieben“, vermutet der Stadtchef.

Staatsanwaltschaft prüft

Neben den dienstrechtlichen Konsequenzen drohen nun auch strafrechtliche. Die Stadt Kufstein hat am Dienstag eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck eingebracht, wie deren Sprecher Hansjörg Mayr bestätigt: „Es wird nun geprüft, ob und wegen welchem Verdacht ermittelt wird. Es steht der Verdacht des Betrugs und allenfalls der Vernachlässigung von Pflegebedürftigen im Raum.“

Die Stadt hat auch die Heimanwaltschaft über den Fall informiert. Laut Krumschnabel habe es bisher nie Beanstandungen gegeben. Eine Lehre aus dem Fall ist für ihn, dass künftig vielleicht auf „überraschende Heimeinschauen“ gesetzt werden müsste. Und zwar nicht nur in Kufstein. Denn ähnliche Arbeitszeitfälschungen seien wohl auch in anderen Altersheimen möglich und offenkundig schwer zu enttarnen. „Bei Stempelsystemen braucht es immer auch ein gewisses Maß an Vertrauen.“

Er stellt aber auch klar, dass in dem betroffenen Heim, in dem rund 100 Bewohner betreut werden, viele Mitarbeiter eine hervorragende Arbeit leisten würden. Für diese sei die Situation nun sicher sehr unangenehm.

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