Per Mausklick zum Billig-Hund

Internet-Portale sind ein Tummelplatz für illegale Tier-Händler mit fragwürdigen Methoden.

Die Wegbeschreibung des „Hunde-Verkäufers“ wurde immer abenteuerlicher. Per Handy lotste er Carmen Schiffner, 35, weg vom Treffpunkt, einer Adresse an der Grenze zwischen Österreich und Tschechien. „Weiter geradeaus“ und „zehn Minuten noch“, versprach er. Irgendwann stand Schiffner im tschechischen Nirgendwo, vor einem offenen Kofferraum, ein Welpe blickte sie verschlafen an. Es war jenes Tier, das sie über ein Internet-Inserat gefunden hatte.

Der Welpen-Handel übers Internet ist ein boomendes Geschäft. Längst tummeln sich auf den virtuellen Marktplätzen nicht nur seriöse Verkäufer, sondern eine wachsende Anzahl an kaltschnäuzigen Geschäftemacher, die zu Dumping-Preisen Welpen aus zumeist osteuropäischen Zuchtfabriken feilbieten.

Carmen Schiffners Hund „Marley“ stammt aus so einer Station. Der Händler gab sich kulant, verlangte „nur“ 250 Euro für den Hund – inklusive angeblicher Impfkosten. Doch Marley war wie viele solcher Welpen weder geimpft noch gesund. Er trug einen Virus in sich, sein Impfpass war gefälscht, sein Sozialverhalten auffällig. Die 35-Jährige musste rund 400 Euro Tierarztkosten zahlen und hatte sich obendrein wegen der Einfuhr des Hundes strafbar gemacht. Auf Anraten eines Veterinärs zeigte sie sich selbst an.

Marley ist kein Einzelschicksal. Seriöse Zahlen zum Thema Hundehandel im Internet gibt es allerdings nicht. Ein von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten und willhaben.at, dem größten Kleinanzeigen-Portal Österreichs, gestarteter Versuchsballon lässt erahnen, wie groß die Nachfrage im Internet nach Vierbeinern ist – und wie ahnungslos viele Konsumenten sind. Ein Monat lang boten sie in Schein-Inseraten Tiere zu Dumpingpreisen an. Ergebnis: Rund 14.600 Klicks und 530 konkrete Anfragen. Dutzende rissen sich um den Husky um hundert Euro. Ein Grazer erkundigte sich, ob er das Tier in Raten zahlen könne und eine Frei-Haus-Lieferung möglich sei. Alle Interessenten wurden per eMail darüber aufgeklärt, worauf sie beim Hundekauf achten sollten (siehe Zusatz).

Das war erst der Anfang: Vier Pfoten entwirft nun für das Online-Portal einen Leitfaden, der Usern helfen soll, unseriöse Verkäufer zu entlarven. Vor Weihnachten wird die Aktion wiederholt.

„Mikro-Chihuahua“

Die Geiz-ist-geil-Mentalität sei bei Hunden unangebracht, erklärt Indra Kley von Vier Pfoten. „Das Schnäppchen ist dann mit hohen Tierarztkosten verbunden.“

Carmen Schiffner hat „gewusst, dass da was nicht stimmt, aber nicht Nein sagen können“. Das Spiel mit dem Mitleid der potenziellen Käufer, sagt Kley, sei eine gängige Masche.

Kley hat zig Inserate studiert. Schon die (Bild-)Sprache verrate viel: Der Chihuahua werde gerne neben Stofftieren platziert, um ihn noch niedlicher erscheinen zu lassen. Manche Rassen-Bezeichnungen verfolgen den selben Zweck („Mikro-Mini-Chihuahua“).

Diskussion

Über Sinn und Unsinn eines Verbots der Geschäftsanbahnung via Internet gehen die Meinungen auseinander. Züchtervereine wie der Österreichische Kynologenverband (ÖKV) lehnen naturgemäß virtuelle Hundemärkte ab. „Wenn es um Leben geht, kann man das nicht mit dem Mausklick regeln.“ Seriöse Züchter seien auf diesen Absatzweg nicht angewiesen.

Von strengen Regulativen hält Michael Gawanda von willhaben.at nichts. 1,9 Millionen Inserate sind geschaltet, rund 2750 Hunde sind aktuell im Angebot. Der Sicherheitsbeauftragte erklärt: „Die Nachfrage bestimmt den Markt.“ User können verdächtige Inserate unkompliziert melden, ausländische Anbieter seien ausnahmslos gesperrt. Und ein Verbot? Ein solches würde illegale Händler auf geheime Plattformen verdrängen.

Einig sind sich Gawanda und der ÖKV in einem Punkt: Konsumenten müssten aufgeklärt werden.

Auch viele Verkäufer sind unaufgeklärt. Der Verein für Konsumenteninformation wies kürzlich darauf hin, dass auch Hobbyzüchter und Privatanbieter bei der Bezirksbehörde registriert sein müssen. Bei der Wiener Tierombudsstelle zeigen Erfahrungswerte, dass sich daran nur wenige halten.

Schiffner ärgert sich darüber, dass „ihr“ Händler weiterhin ungeniert Hunde verkauft. „Man sollte dem Herrn endlich das Handwerk legen.“

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Augen auf

Wenn alle Grundsatzfragen zur Anschaffung eines Hundes geklärt sind (Kosten, Zeit), heißt es für die Käufer: Augen auf. Es ist ratsam, den Züchter mehrfach zu besuchen. Man sollte sich das Nest sowie Geschwister und das Muttertier anschauen. Ein Kauf sollte nur mit einem Vertrag abgeschlossen werden. Ein Welpe darf erst mit der vollendeten achten Woche abgegeben werden. Ob ein Züchter seriös ist, merkt man auch daran, ob er sich für den neuen Hundebesitzer und die Haltebedingungen des Tieres (Garten, Wohnung) interessiert und entsprechende Fragen stellt.

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