"Habe selten Wahlkämpfe mit Rückenwind erlebt"
Am Mittwoch geht im Gemeinderat der Stadt Salzburg eine politische Ära zu Ende. Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) tritt nach seiner Verurteilung im Swap-Prozess nach mehr als 18 Jahren im Amt ab. Die Geschäfte übernimmt vorübergehend ÖVP-Vizebürgermeister Harald Preuner. Spätestens nach der Stichwahl am 10. Dezember will der 58-Jährige im dritten Versuch auch offiziell Stadtchef sein. "Wann, wenn nicht jetzt", meint Preuner im Interview.
KURIER: Heinz Schaden war seit 1999 Bürgermeister. Was bleibt von ihm?
Harald Preuner: Irgendwie ist es ein fahler Beigeschmack, weil man einem langjährigen Bürgermeister einen anderen Abgang wünscht. Das Urteil muss man zur Kenntnis nehmen. Aber ich glaube, es war nicht alles schlecht. Er hat mit anderen Fraktionen das Budget nachhaltig saniert. Da hat er seinen Beitrag geleistet. Wir sind nach langem Ringen jetzt endlich dabei, das Paracelsusbad umzusetzen. Das hat jahrzehntelang keiner geglaubt, dass das passiert.
Welche Lehren soll die Stadt aus seiner – nicht rechtskräftigen – Verurteilung ziehen?
Die liegen klar auf der Hand. Wir brauchen ein anderes Verständnis: Die Verwaltung muss ihrer Rolle als Regulativ der Politik wieder mehr gerecht werden. Die Politik kann sich viel wünschen, aber wenn es rechtlich nicht möglich ist, ist es ihre Hauptaufgabe, rechtzeitig zu sagen, das geht so nicht. Das hat in den vergangenen Jahren massiv gefehlt, sonst wäre es gar nicht so weit gekommen.
Warum hat das gefehlt?
Nach einer gewissen Zeit entwickeln sich bestimmte Machstrukturen. Es ist schon etwas dran, dass man nicht zu lange in bestimmten Funktionen bleiben soll. Die Verwaltung ist massiv verunsichert, gerade auf der Ebene der Amts- und Abteilungsleiter. Man hat das Gefühl, sie trauen sich überhaupt nichts mehr zu entscheiden. Die Beamten sollen wieder mehr auf ihr Bauchgefühl und ihren Hausverstand hören.
Wie soll es mit den ebenfalls schuldig gesprochenen Stadtbeamten, dem Magistratsdirektor und dem Leiter der Finanzabteilung weitergehen, sofern ihre Urteile rechtskräftig werden sollten?
Das ist auch Aufgabe der Verwaltung. Wir haben eine eigene Disziplinarbehörde. Von der wollen wir eine klare Auskunft haben, wie es da weitergehen soll. Das können wir nicht politisch entscheiden. Da wird in den nächsten Tagen ein Antwortschreiben kommen und das wird die Leitlinie sein.
Sie übernehmen am Mittwoch vorübergehend die Amtsgeschäfte des Bürgermeisters. Wie wollen Sie die Zeit nutzen?
Ich denke überhaupt nicht an den ersten Wahlgang am 26. November. Viel Arbeit liegt jetzt vor uns. Das Eine ist, wie wir mit den beiden verurteilten Beamten umgehen. Das Zweite sind die Prozesskosten (bisher mehr als eine Million Euro aus der Swap-Causa, Anm.). Ich will bis Mitte nächster Woche einen vollständigen Überblick und eine Pauschalierung für den weiteren Prozessverlauf haben. Die gehen ja alle in Berufung. Dann haben wir das Budget für 2018. Wir beginnen am 29. September die Beratungen. Danach wird der Wahlkampf beginnen.
Ihr SPÖ-Widersacher Bernhard Auinger hat bereits einen Sieben-Punkte-Plan präsentiert. Auf welche Themen setzen Sie?
Der Verkehr ist eines der Hauptthemen. Da haben wir dringend Handlungsbedarf. Wir gehen in die Erweiterung der gebührenpflichtigen Kurzparkzonen. Wir müssen Parkplätze so reduzieren, dass wir einen gewissen Druck auf die Pendler erzeugen. Andererseits müssen genügend Kapazitäten im öffentlichen Verkehr frei sein. Dazu braucht es unbedingt die Abstimmung mit dem Land. Das können wir nur im Zentralraum lösen.
Welche Wohnungspolitik verfolgen Sie?
Ich hoffe auf das neue Raumordnungsgesetz des Landes, dass wir damit zügiger an Bauland kommen. Das größere Problem sind die vielen leer stehenden Wohnungen. Denken wir nur an das Kapitel Airbnb. Viele haben reihenweise Häuser aufgekauft und vermieten die. Da muss man sich auch einmal ans Mietrechtsgesetz heranwagen. Aber das ist Bundessache.
An das Bürgermeisteramt ist das Finanzressort gekoppelt.
Ich halte nichts davon, für irgendwelche Investitionen Millionen hinauszuposaunen. Am Ende des Tages müssen wir das durch Gebühren oder Kürzungen andernorts wieder hereinholen. Wir wären gut beraten, den finanziellen Konsolidierungskurs der letzten Jahre beizubehalten. Ich will nicht wieder in die Situation von Anfang der 1990er-Jahre kommen. Wir haben bereits große Projekte in der Pipeline.
Ein 150-Millionen-Euro-Paket für die Sanierung von Schulen, wie es Bernhard Auinger will, wird es unter einem Bürgermeister Preuner nicht geben?
Nein. Noch einmal: Wir müssen das irgendwie gegenfinanzieren können. Der erste Entwurf des außerordentlichen, kreditfinanzierten Haushalts für 2018 ist sportlich. Da müssen wir noch runterkommen.
Glauben Sie, dass Ihnen ein Wahlsieg von Sebastian Kurz auch bei der Bürgermeisterwahl nutzen würde?
Sagen wir es andersrum: Ich habe selten Wahlkämpfe erlebt, wo wir einen Rückwind verspürt haben. Meistens waren es Wahlkämpfe auf Gemeindeebene, wo wir bundespolitisch Gegenwind hatten. Der war gerade 2014 massiv. Ich bin froh, dass das jetzt vielleicht für mich sogar ein Vorteil sein kann. Aber es ist eine Bürgermeisterwahl, keine Parteiwahl. Darum muss man das ein bisschen abschwächen. Aber grundsätzlich: Die Stimmung ist gut und das ist sicher kein Nachteil.
Andererseits wird gemunkelt, Sie wollen ohnehin nicht Bürgermeister werden.
Das ist ja immer der gleiche Chose. Wie man auf so etwas kommen kann, verstehe ich nicht. Das ist der schönste Job, den man machen kann. Ich bin politisch Realist genug gewesen, dass ein amtierender Bürgermeister mit den Umfragewerten wie Schaden nur schwer zu heben war. Jetzt ist die Chance da. Wann, wenn nicht jetzt.
Wenn Sie es jetzt nicht schaffen, treten Sie dann bei der regulären Wahl 2019 noch einmal als Spitzenkandidat an?
Ich habe darüber noch gar nicht nachgedacht. Ich bin bis 2019 als Vizebürgermeister bestellt. Fragen Sie mich, wenn es soweit ist.
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