"Lebenslänglich" für 6000 Tiere
"Indische Verhältnisse" herrschen auf Gut Aiderbichl, erklärt Michael Aufhauser lachend, als er sich zwischen freilaufenden Tieren den Weg zu seinem Hof in Henndorf bei Salzburg bahnt. Pony Hummel ist gerade auf dem Weg zu einem feschen Rappen, Wildschwein Merci hat ihren 300 Kilo schweren Verehrer, Hausschwein Quax, im Schlepptau und der blinde Esel Noldi lässt sich von seinen Artgenossen durch die Schneelandschaft geleiten.
Seit zwölf Jahren nimmt er sich der Tier-Schicksale an, sein Imperium wird immer größer. Im Jahr 2014 wurden 500 Tiere aufgenommen. Ein Gut in Eslarn, Deutschland, sowie ein Nebengut in Henndorf sind neu entstanden. Für 2015 ist die Eröffnung eines Papageienhauses und eines Fuchsgeheges in Gänserndorf, NÖ, geplant.
Haustier als Accessoire
Finanziell stehe Aiderbichl gut da, betont Aufhauser. Neben Eintrittsgeldern und Erlösen aus Merchandising fließen regelmäßig Spenden von rund 55.000 Mitgliedern. Ihre Tierliebe geht auch angesichts aktueller menschlicher Tragödien, wie dem Syrien-Krieg, nicht zurück.
"Der Umgang mit Tieren ist ein Spiegel der Gesellschaft", glaubt Aufhauser. Und der steht er berufsbedingt kritisch gegenüber: "Die Egomanie der Menschen wird immer schlimmer. Haustiere sind für viele keine Gefährten, sondern Accessoires. Wenn sie nicht mehr zum Lebensstil passen, werden sie weggelegt." Hündchen und Kätzchen, die sich zu Weihnachten noch fabelhaft unter dem Christbaum gemacht haben, landen zur Urlaubszeit oft an Autobahnraststätten oder bestenfalls im Tierheim.
Auch ein heikles Thema: die Silvesternacht. "Was Tiere wegen vergnügungssüchtiger Menschen ertragen müssen, ist der blanke Horror."
Der Tier-Papa redet sich beinahe in Rage, hält aber inne, als Stier Lilliput ihm die Hand ableckt. Lilliput hat es trotz absurd kurzer Beine geschafft, eine Kuh (im Liegen!) zu besteigen und einen Nachkommen zu zeugen. "Für die Natur ist er eine Missgeburt, für mich ist er etwas Besonderes", sagt Aufhauser liebevoll.
"So gut zu Tieren"
Jüngster Fall einer Tierrettung ist ein Stier aus Schärding, OÖ, den eine Amtstierärztin gemeldet hat. "Er dürfte seit Jahren im Wald gelebt haben, hatte nicht einmal mehr eine Ohrmarke. Laut Seuchenschutzgesetz müsste er eingeschläfert werden, aber die Tierärztin hat ihn ins Herz geschlossen und will ihn retten", erzählt er. Sobald der Gesundheitscheck abgeschlossen ist, wird der Stier ein Aiderbichler.
"Danke, dass Sie so gut zu den Tieren sind", ruft ihm eine Besucherin zu. Aufhauser antwortet mit einem kehligen Lachen und einem "Danke" im schönsten Schauspieler-Timbre. Fans sind wichtig – sie spenden. Mediale Aufmerksamkeit durch Promi-Besuche auch – sie werfen ein Licht auf "die Sache", wie er sagt.
So ließ sich Hollywoodstar Hugh Grant bei der Eröffnung des Adventmarkts im November mit einem Lämmchen am Arm fotografieren. Es hat funktioniert: Mehr als 50.000 Besucher kamen nach ihm zum Lämmchenstreicheln und Punschtrinken. Sie haben Geld dagelassen, das Hummel, Lilliput und Co. in der Pension gut gebrauchen können.
Biografie Michael Aufhauser wurde 1952 in Augsburg geboren. Er besuchte die Schauspielschule und arbeitete später in den USA als Tourismusmanager. 1991 rettete er eine Meute spanischer Straßenhunde – damit begann sein Engagement für den Tierschutz. 2001 entstand das Gut in Henndorf bei Salzburg.
Aiderbichl Knapp 6000 gerettete Tiere leben auf insgesamt 26 Gütern im Gnadenhof-Verbund, auf denen 350 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die Güter in Henndorf, Österreich, sowie in Iffeldorf nahe München und in Deggendorf, Deutschland, sind täglich für Besucher geöffnet.
Info gut-aiderbichl.com
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