Grenzenloser Fluglärm treibt Anrainer auf die Barrikaden

Flugzeug über Wohngebiet in Freilassing Bild: Walter Schweinöster
Den Bewohnern von Freilassing macht der Airport in Salzburg zu schaffen.

Freilassing am Freitag Vormittag. Wumm. Eine AUA donnert über den Bahnhof.

Es sind drei S-Bahn-Stationen oder acht Minuten von Salzburgs Altstadt ins benachbarte Freilassing in Bayern. Es ist diese Nähe , die viele Bewohner schätzen, vor allem weil der Baugrund hier noch erschwinglich ist. Es ist aber auch diese Nähe, die etliche Menschen auf die Barrikaden steigen lässt: Seit Jahren protestieren Anrainer gegen den Lärm der startenden und landenden Maschinen auf dem Airport Wolfgang Amadeus. Sie fordern eine Änderung der Flugrouten, die großteils über den Norden Salzburgs – und damit über Freilassing – führen.

Grenzenloser Fluglärm treibt Anrainer auf die Barrikaden
Freilassing: Rudolf Lämmlein Bild: Walter Schweinöster
„Das ist einfach ungerecht aufgeteilt“, sagt Ludwig Lämmlein, dessen Haus in der Einflugschneise liegt. Vor allem an Wochenenden und an Wintertagen würde es sich im Luftraum über der 16.000-Einwohner-Stadt abspielen. Der 74-Jährige hat auch eine Vermutung, warum die großen Maschinen nicht über den Süden Salzburgs fliegen. „Dort wohnen die besseren Leute, die das Geld und die Macht haben – wie der Mateschitz.“

Laut Austro Control ist es die Geologie, die die Anflugroute bestimmt; der Süden ist von Bergen begrenzt, der Norden „hindernisfreier“.

Wahlkampfthema

Diesen Sommer entdeckte auch die deutsche Politik den Salzburger Flughafen als Wahlkampfthema. Und so schoss sich deren Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) auf den nach Wien größten heimischen Airport ein. Er überlegte sogar eine Verordnung zu erlassen, die Flüge über Freilassing nur noch in einer Höhe von 7000 Fuß genehmigen würden – was de facto einem Aus für den Airport gleichkommen würde (der KURIER berichtete).

„Das ist doch nur Wahlkampf-Getöse, ein Mords Blabla“, befindet Lämmlein. Denn bei allem Ärger über den Airport hat man diesen auch schätzen gelernt. „Wirtschaftlich brauchen wir alle den Flughafen. Wir fliegen auch lieber von Salzburg weg als von München.“ Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des Meinungsforschungsinstitutes IGF im Juli 2013. Neun von zehn Bayern zeigten sich darin mit dem Flughafen „sehr zufrieden“ bzw. „zufrieden“. 71 Prozent schätzten die schnelle Erreichbarkeit, 70 % die kurzen Verkehrswege dorthin und 62 % die Übersichtlichkeit.

Grenzenloser Fluglärm treibt Anrainer auf die Barrikaden
Freilassing: Elionore Huber Bild: Walter Schweinöster
Eleonore Huber dürfte nicht zu diesen gehören. „Die sind so laut, das darf nicht wahr sein“, sagt die 79-Jährige und meint damit nicht die ratternden Rasenmäher im Garten, die sie zum Schreien zwingen. Neuerdings würden die Flugzeuge direkt über ihr Dach donnern – nur als der KURIER-Fotograf sich auf die Lauer legt, will und will eine Stunde lang keine Maschine kommen. Frau Huber hat jedenfalls schon ihren Namen unter eine Unterschriftenaktion gesetzt, die für die Kündigung des Staatsvertrages zwischen Deutschland und Österreich eintritt. „Weil’s nicht besser wird.“

Die offizielle Statistik widerspricht ihr. Die Zahl der Flugbewegungen ging seit 2005 um fast 30 Prozent zurück. Und auch die Uralt-Flieger, in denen Gäste aus Russland einst landeten, wurden großteils ausgemustert.

Wenn morgens um 6 Uhr der erste Flieger über Freilassing dreht, Cäcilia Regner – da nütze auch die dreifache Schallschutz der Fenster nichts. „Wir dürfen uns nicht beklagen, denn wir wussten, worauf wir uns einlassen, als wir hierhergezogen sind.“ Dennoch ist die Familie schon auf der Suche nach einer neuen Bleibe. „Irgendwo, wo man nicht sich nicht dauernd denkt: Wenn die Maschine jetzt abstürzt, fliegt sie uns direkt auf den Kopf.“

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