Graz-Wahl: Wie Parteien trumpfen wollen

225.000 Grazer dürfen am 5. Februar wählen: Sie können aus zehn Listen aussuchen
ÖVP spielt die Bürgermeisterkarte, SPÖ holte letzten roten Stadtchef auf Plakate.

Nur noch 30 Tage sind es bis zu den Wahlen in Graz. Wegen der Vorverlegung und des Adventfriedens ist der Wahlkampf sehr kurz, aber umso persönlicher: Die Parteien führen ausgeprägtere Personenwahlkämpfe denn je, setzten Mensch vor Partei.

Am deutlichsten ist das bei der ÖVP zu spüren. Sie setzt voll auf ihren Chef, Siegfried Nagl spielt die Bürgermeisterkarte aus. "Die ÖVP Graz lebt von der Marke Nagl", ist Politikwissenschafter Peter Filzmaier überzeugt.

Graz-Wahl: Wie Parteien trumpfen wollen
Interview mit dem Politologen Peter Filzmaier am 21.09.2016 in Wien.
"Er nimmt die Partei mit. Auf ihn zu setzen, ist logisch: Er ist das einzige bekannte Gesicht und eine vertraute Konstante."

Eine ähnliche ÖVP-Strategie ging allerdings 1995 beim letzten Wahlkampf Josef Krainers zum Landeshauptmann nicht auf. "Das würde ich relativieren", überlegt Filzmaier. "Wo wäre die ÖVP denn gewesen ohne Krainer? Ohne Nagl bräuchte die Grazer ÖVP vom Dreier vor dem Ergebnis nicht einmal zu träumen."

Die KPÖ verfolgt eine ähnliche Strategie. Elke Kahr ist den Wählern bekannt, sie ist berechenbar. "Die KPÖ hat sich auf Kosten der SPÖ und der Grünen etabliert. Mag sein, dass ihr ein Minus droht", analysiert Filzmaier. "Aber das Phänomen wird nicht untergehen."

Der letzte SP-Stadtchef

Schwer mit einem Personenwahlkampf tut sich die SPÖ. Michael Ehmann ist erst seit dem Vorjahr Parteichef, er übernahm eine zerstrittene Truppe. "Die einst so stolze Stadtpartei hat extrem schwache Strukturen. Und sie hat keine Führungsperson mehr, die die Partei mittragen könnte", so Filzmaier. Dass in einer ersten Plakatwelle der letzte rote Bürgermeister Alfred Stingl mit Ehmann plakatiert wurde, "zeigt ja das Problem schon deutlich".

FPÖ-Chef Mario Eustacchio klebt längst groß auf Plakatwänden in der Stadt. Sprüche wie Fremd in der eigene Kultur? oder Fremd im eigenen Park? machen deutlich, welche Richtung sein Wahlkampf noch nehmen wird. Den Blauen wird ein deutlicher Zuwachs prognostiziert, aber das sei auch auf die allgemeine Stimmung zurückzuführen, bewertet Filzmaier. "Die FPÖ könnte vom ersten bis zum letzten Listenplatz Max Mustermann stehen haben und würde trotzdem dazugewinnen."

Was liegen bleibt

Die Grünen affichieren dagegen Wohlfühl-Plakate, propagieren Familie und Zusammenleben. Im Mittelpunkt steht Spitzenkandidatin Tina Wirnsberger. Dass sie vom Schwung des Van-der-Bellen-Wahlerfolges profitieren kann, glaubt der Politikexperte nicht. "Eigentlich ist sein Ergebnis ja ein Beleg dafür, wie viel die Grünen in Graz immer liegen lassen." Hier erzielte der künftige Bundespräsident mit 61 Prozent das beste Wahlergebnis aller Städte.

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