Graz: Mutmaßlicher Anhänger terroristischer Organisation angeklagt
Im Grazer Straflandesgericht hat sich am Montag ein 33-Jähriger wegen terroristischer Vereinigung sowie Mord, Entführung und Erpressung als terroristischer Straftaten verantworten müssen. Dem Iraker wurde vorgeworfen, Mitglied der terroristischen Badr-Miliz gewesen zu sein und einen Polizisten in Bagdad gefoltert und erschossen zu haben. Dann kam er 2015 über die Türkei und Ungarn nach Österreich. Schuldig fühlte er sich nicht: "Das war mein Bruder".
Waren es bisher meistens vermeintliche Anhänger der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) gewesen, die sich in Graz vor Gericht verantworten mussten, so handelte es sich diesmal um einen Iraker, dem die Teilnahme an der schiitischen Badr-Organisation angelastet wurde.
Zu Beginn erläuterte der Staatsanwalt ausführlich die Rolle dieser Organisation, die im Irak ab ungefähr 2010 verstärkt auftrat und auch das Innenministerium kontrollierte. "Badr setzte terroristische Straftaten, um eine Herrschaft aufzubauen. Ziel ist ein Gottesstaat unter beträchtlicher Missachtung der Menschenrechte", erklärte der Ankläger. Die Organisation ging gegen die sunnitische Zivilbevölkerung "extrem brutal" vor, es gab Massenmorde und "ganze Dörfer wurden dem Erdboden gleich gemacht", prangerte der Staatsanwalt an.
Grausame Folter
Der Angeklagte soll im September 2014 einen Polizisten entführt haben. Von der Familie wurde ein Lösegeld erpresst, trotzdem wurde das Opfer grausam gefoltert und mit der eigenen Dienstwaffe erschossen. Anschließend gelangte der Angeklagte mit Hilfe eines Schleppers in die Türkei und weiter nach Ungarn, von wo er mit einem anderen Schlepper nach Österreich gebracht wurde. "Im Irak wäre seine Strafe Tod durch Erhängen, daher gibt es keine Auslieferung", schilderte der Ankläger die Rechtslage.
"Im Irak sind immer die Brüder die Bösen"
Seine Verteidigung gründete darauf, dass der Iraker schlicht bestritt, die angeklagte Person zu sein. Er habe bei seiner Erstbefragung in Österreich gelogen und den Namen seines Bruder angegeben, und zwar auf Anraten seines Schleppers. "Es gibt keine Beweise, wer er ist und ob er die Tat begangen hat", betonte der Verteidiger und führte weiter aus: "Er ist kein Rassist, er war nicht beim Militär geschweige denn bei einer Miliz". "Im Irak sind immer die Brüder die Bösen", warf der Richter in Anspielung auf ein anderes Verfahren ein. Als Beweis führte die Anklage eine Gesichtsfelderkennung an, was die Verteidigung bestritt und einen Sachverständigen beantragte.
Der 33-Jährige betonte, er habe bei der Erstbefragung gelogen, nun sage er aber die Wahrheit. "Ich war im Irak Lkw-Fahrer, ich bin nicht radikal, ich habe mit Religion nicht viel zu tun, ich trinke sogar. Ich bin nicht richtig Moslem", lautete seine Rechtfertigung. Er sei im Übrigen auch entführt und gefoltert worden. "Ich bin das Opfer vom Irak", war er der Überzeugung. "Das Opfer sind nicht Sie, ich glaube, da sind wir uns einig", meinte der Richter und zeigte ihm die Fotos des getöteten Polizisten. "Ihre Geschichte hört sich ähnlich an wie die des Opfers, nur dass Sie nicht erschossen wurden", bemerkte der Richter.
Auf die Frage, ob er Mitglied der Badr-Organisation gewesen sein, antwortete der Angeklagte ganz dezidiert "nein". Er legte eine Bestätigung vor, dass weder er noch sein Bruder je Mitglied dieser Terror-Miliz gewesen seien. "Was kostet so etwas?", fragte der Richter ganz praktisch und stieß beim Beschuldigten auf große Empörung. Das sei eine offizielle Bescheinigung, meinte er. "Das schaut schön aus, ist aber von einer Terrororganisation. Das sind Massenmörder und sonst gar nichts", relativierte der Staatsanwalt. Der Iraker wird von einem angeblichen Mittäter schwer belastet. Dieser Zeuge gab an, der 33-Jährige habe den Polizisten erschossen.
Der Prozess wird am Dienstag (21. Februar) fortgesetzt. Am 6. März ist ein weiterer Termin, dann soll wieder einmal Extremisten-Gutachter Guido Steinberg zu Wort kommen. Ob es da auch ein Urteil geben wird, war zunächst noch nicht klar.
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