HCB auch in Butter entdeckt, mehr Fragen als Antworten

Der Umweltskandal erschüttert nicht nur die Bevölkerung im Kärntner Görtschitztal.
Skandal weitet sich aus, Zementwerk beschwichtigt. Kein Mittel gegen die HCB-Vergiftung.

Mittwoch, 10. Dezember. Tag 14 im Umwelt- und Behördenskandal um das hochgiftige Hexachlorbenzol im Kärntner Görtschitztal. Mit jedem Tag sollten mehr Antworten einlangen, wie das Gift in die Umwelt gelangen konnte. Doch mit jeden Tag ergeben sich mehr Fragen, Widersprüche, Kuriositäten, Beschwichtigungen und offensichtliche Versäumnisse.

So will die Leitung des Zementwerks nach wie vor keine Ahnung haben, wie das HCB aus dem eigenen Ofen gelangt ist. „Es gibt Spekulationen und Vermutungen“, sagt Werksleiter Berndt Schaflechner. Umweltlandesrat Rolf Holub (Grüne) äußert den Verdacht, dass 95.000 Tonnen Blaukalk in einem falschen Ofen bei zu geringen Temperaturen verbrannt wurden. Schaflechner kontert, dass man den Kalk zwar „zum Großteil“ in der Tinkalbox und der Rohmehlmühle aufgegeben habe. „In der Folge hat aber das behördlich genehmigte Verfahren zur vollständigen Zersetzung stattgefunden.“ Vollständig? „Natürlich ist uns ein Fehler passiert. Aber es gibt Hinweise, dass nicht nur das Zementwerk für die HCB-Werte in der Umwelt verantwortlich sein kann.“ Tatsächlich ergab eine österreichweite Untersuchung im Auftrag des Umweltbundesamts in bestimmten Gebieten höhere HCB-Belastungen in Böden als im Görtschitztal.

Verdacht in Salzburg

So prüft ein Labor einen HCB-Verdachtsfall in Salzburg: offenbar sei eine Wiese durch Feuerwerkskörper, die abgeschossen wurden, zu stark belastet worden, sagte ein Sprecher von Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP). Gesundheitsgefahr sei keine gegeben, in einer Woche würden die Ergebnisse vorliegen.

Solche gibt es inzwischen wieder im Görtschitztal: in der Butter eines Direktvermarkters mit Buschenschank wurde HCB festgestellt, sämtliche Produkte dieses Bauern werden vernichtet. „0,012 mg/kg wurden statt des Grenzwerts von 0,01 mg/kg ermittelt“, teilt Krisenkoordinator Albert Kreiner mit. Er und die Kärntner Landessanitätsabteilung stehen der Presse noch Rede und Antwort, die meisten leitenden Beamten und Politiker sind hingegen längst untergetaucht. Viele Landwirte fühlen sich im Regen stehen gelassen. Thomas Liegl beispielsweise: „Ich habe Ende November einen Anruf von der Behörde erhalten, dass wir unsere eigene Milch nicht mehr konsumieren sollen. Meine dreijährige Tochter hat die Milch den ganzen Sommer getrunken.“ Seine Produkte wurden von der Lebensmittelbehörde kontrolliert. Auf das Ergebnis warte er noch immer.

Belastung konstant

Landwirte erhoffen sich Antworten auf dem Umweg einer Blutuntersuchung. Die wurden zwar auf nächste Woche verschoben, aber am Donnerstag finden ab 8.45 Uhr in Klein St. Paul Beratungsgespräche statt. „Eine HCB-Belastung bleibt im menschlichen Körper fünf bis zehn Jahre lang konstant“, nennt Umweltmedizinerin Barbara Kohlweg den Grund, warum keine Eile besteht. Untersucht werden sollen vorrangig Landwirte und deren Angehörige. Massenchecks hätten keinen Sinn, sagt Landessanitätsdirektorin Elisabeth Oberleitner. Eine klinische Methode, um das HCB aus dem Körper zu eliminieren, existiere nicht.

Unterdessen will der Vorsitzende des HCB-U-Ausschusses, Willibald Korak (BZÖ), eine Methode finden, um den Skandal aufzuklären. Er wird neben sämtlichen aktuellen Verantwortlichen auch die ehemaligen Regierungsmitglieder Gerhard Dörfler, Uwe Scheuch (FPK) und Wolfgang Waldner (ÖVP) in den Zeugenstand holen. Die erste Sitzung findet am Dienstag statt.

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