Votum zu „Gletscherehe“: Wahlbehörde-Mitglieder zu Haft verurteilt

Die geplante Erschließung bislang unberührter Flächen am Pitztaler Gletscher wurde über Jahre diskutiert
Drei Männer sollen Wahlkarten für Stimmberechtigte organisiert und selbst ausgefüllt haben: Amtsmissbrauch

Es sind drei eingefleischte Befürworter der sogenannten „Gletscherehe“, die sich am Dienstag am Landesgericht Innsbruck vor einem Schöffengericht verantworten mussten. Und letztlich wegen Amtsmissbrauchs (nicht rechtskräftig) zu bedingen Haftstrafen von elf bzw. zwölf Monaten verurteilt worden sind.

Die Staatsanwaltschaft war den drei Männern im Alter zwischen 32 und 42 Jahren vor, dass sich im Vorjahr im Vorfeld einer Volksbefragung in St. Leonhard im Pitztal über einen Skigebietszusammenschluss bei Befürwortern des Projekts Vollmachten für die Abholung von Wahlkarten beim Gemeindeamt geholt und diese dann zum Teil selbst ausgefüllt und unterschrieben haben.

Als Beamte eingestuft

Da sie Mitglieder der Wahlkommission waren – als stellvertretender Wahlleiter, Beisitzer und Ersatzbeisitzer – waren sie laut Anklage als Beamte zu qualifizieren. Und somit lautete der Vorwurf etwa nicht auf Urkundenfälschung, sondern auf Missbrauch der Amtsgewalt. Damit drohten sechs Monate bis fünf Jahre Haft.

Sie hätten die ihnen eingeräumten Befugnisse „im bewussten und gewollten Zusammenwirken“ wissentlich missbraucht, warf die Anklägerin dem Trio vor. Und vor dem Richter wirkten die drei Männer in der Befragung teilweise wie schlecht auf einen Test vorbereitete Schüler.

Blanke Mandatsträger

Ob sie die Volksbefragung für „Jux und Tollerei“ gehalten hätten, oder ob und wie sie selbst schon mal gewählt hätten, und wie das dann abgelaufen sei, wollte der Richter wissen. Oder ob ihnen klar sei, dass der Abhaltung einer Wahl Gesetze zugrunde liegen würden.

Die Angeklagten – immerhin der Vizebürgermeister von St. Leonhard, ein Gemeinderat und ein Listenkollege der beiden – gerieten dabei immer wieder ins Stottern.

Alle drei bekannten sich „grundsätzlich nicht schuldig“. Zwei der Männer gestanden jedoch ein, dass sie die Stimmzettel von Wahlberechtigten zum Teil selbst ausgefüllt und in deren Namen unterschrieben haben.

Sie hätten im Glauben gehandelt, dass sie dafür durch die Bevollmächtigung für die Abholung der Wahlkarten und nach Rücksprache mit den Stimmberechtigten befugt gewesen wären.

Der Drittangeklagte wies hingegen jede Schuld von sich. Er habe keine Unterschriften gefälscht, sondern nur Wahlkarten übernommen, verteilt und wieder zurückgebracht, so sein Rechtsanwalt.

"Ein bisschen salopper zugegangen"

„Es ist ein bisschen salopper zugegangen“, meinte der Erstangeklagte auf eine Nachfrage des Richters zum Ablauf der (nicht bindenden) Volksbefragung. Bei der behielten dann am 17. Juli 2022 trotz der Manipulation – knapp aber doch – die Gegner der Gletscherehe (50,36 Prozent) die Oberhand.

Die Pitztaler Gletscherbahnen zogen unmittelbar danach einen Schlussstrich unter ihr Vorhaben, drängen inzwischen aber auf einen – ebenfalls umstrittenen – Ausbau ihres Skigebiets ohne Verbindung zum Ötztaler Gletscher.

Falls das Urteil des Schöffensenats rechtskräftig wird, endet das fragwürdige Engagement der Befürworter der „Gletscherehe“ mit Vorstrafen. Zusätzlich wurden sie vom Gericht zu Geldstrafen sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten verdonnert.

Kommentare