Gewaltschutz: "Die Frauen sind stärker geworden"
Zwei Studien hat Kriminalsoziologin Christa Pelikan zum außergerichtlichen Tatausgleich bei Gewalt durch den Partner oder die Partnerin gemacht. Eine zwischen 1999 und 2000 und eine zehn Jahre später.
Beim Tatausgleich (begleitet vom Verein Neustart, Anm.) soll ein Konflikt abseits eines Gerichtsprozesses gelöst werden. Durch Mediation etwa und durch Arbeit mit den Tätern. Angewendet wird er insbesondere bei Alltagsdelikten wie Körperverletzungen oder Drohungen. Vor allem Männern soll damit klargemacht werden, dass sie für Gewalt gegen (ihre) Frauen zur Verantwortung gezogen werden.
Fazit ihrer ersten Studie: „Männer werden nicht besser, aber die Frauen stärker.“ Ergebnis der zweiten Untersuchung: „In den Köpfen der Männer – nicht bei allen, aber doch bei einigen – hat ein Mentalitätswandel stattgefunden. Nämlich dass private Gewalt nicht geduldet und genauso verfolgt wird, wie wenn ich auf der Straße meinen Kontrahenten prügle“.
Was zwischen der Veröffentlichung der beiden Studien passierte? Das Gewaltschutzgesetz (siehe rechts), das am 1. Mai 1997 in Kraft getreten war, hatte seine Wirkung gezeigt.
Meldung durch Polizei
Erstmals war es mit diesem Gesetz möglich, Gewalttäter aus der gemeinsamen Wohnung wegzuweisen. Wird jemand Opfer von Gewalt, etwa vom Ehepartner, und erachtet die Polizei nach vorangegangenem Notruf die Vorkommnisse als häusliche Gewalt, wird über den Verdächtigen oder die Verdächtige ein Betretungsverbot von zwei Wochen verhängt. Dass der Täter gehen musste und nicht das Opfer war ein Meilenstein.
Weil die Polizei jedes Betretungsverbot, das sie verhängt, den Gewaltschutzzentren meldet, können diese aktiv auf Opfer zugehen und Hilfe anbieten – psychosoziale oder juristische Prozessbegleitung zum Beispiel. Österreich hat damit eine Vorreiterrolle eingenommen, betonen Opferschützerinnen immer wieder.
14 EU-Mitgliedsstaaten haben nach dem Vorbild Österreichs ähnliche Regelungen erlassen, etwa Liechtenstein oder Deutschland. Heute ist das Gewaltschutzgesetz international angesehen, aber kurz nach seiner Einführung waren vor allem die Gewaltschutzzentren und Opfereinrichtungen mit Kritik konfrontiert. Sie würden Beziehungen zerstören, lautete der Vorwurf. „Gewaltschutzzentren haben nicht das Ziel, Beziehungen, sondern Gewalt zu beenden“, sagt Maria Schwarz-Schlöglmann. Mittlerweile ist die Arbeit der Opferschützerinnen weitgehend anerkannt. Die Arbeit mit der Polizei funktioniere gut.
Gewalt kein No-go
Trotz aller Errungenschaften laufe in Österreich in Sachen Gewaltschutz aber noch lange nicht alles perfekt. Das würde auch die „eklatant hohe Zahl“ der Betretungsverbote (siehe Grafik) zeigen. „Das Gesetz ist vorbildlich, aber in der Praxis hapert es noch“.
Die Gewaltschutzzentren und Frauenhäuser klagen über zu wenig Budget: 10 Millionen Euro aus dem Frauenministerium seien „außerordentlich niedrig“. Immer wieder berichten Fraueneinrichtungen von Fördergeldkürzungen. „Auch wenn wir das Gewaltschutzgesetz nun zwanzig Jahre haben, hat sich noch nicht klar manifestiert, dass Gewalt in der Familie nicht geht. Häusliche Gewalt ist in Österreich noch immer kein No-go“, sagt Schwarz-Schlöglmann.
Es brauche mehr Sensibilisierung – in der Gesellschaft, aber auch etwa in der Strafjustiz, wo laut der Expertin Gewalt in Beziehungen oft verharmlost oder dem Opfer eine Mitschuld gegeben werde. „Aber für Gewalt gibt es keine Rechtfertigung“, sagt Schwarz-Schlöglmann.
Gewaltschutzgesetz
Als Gewaltschutzgesetz werden die in drei Gesetzen (Sicherheitspolizeigesetz, Exekutionsanordnung und Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) verankerten Regelungen zum Schutz vor Gewalt bezeichnet. 14 EU-Länder haben ähnliche Gesetze nach dem Vorbild Österreichs eingeführt.
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