Ein Ergebnis dieser Studie, das Nicole Krejci besonders schmerzt: Viele Frauen, die vor ihrer Tötung bereits Gewalt erfuhren, hatten sich nicht an Beratungs- oder Schutzzentren gewandt. Daher ist es ihr ein Anliegen, die Arbeit der Gewaltschutzzentren noch mehr nach außen zu tragen.
Gewaltschutzzentren haben einerseits den gesetzlichen Auftrag, sich proaktiv bei Opfern von Gewalt zu melden, wenn etwa eine Anzeige wegen beharrlicher Verfolgung bekannt wird oder etwa ein Mann ein Betretungsverbot bekommt. „Dann kontaktieren wir die Frau, sprechen mit ihr über ihre Situation und unterstützen sie.“ Im Jahr 2023 zählte man in Österreich übrigens 15.115 Betretungs- und Annäherungsverbote, 4.272 davon verhängte man in Wien.
Trennung ist Hochrisiko
Man kann aber auch ohne Betretungsverbot oder ohne Anzeige Hilfe vom Gewaltschutzzentrum bekommen. „Wenn Sie sich einfach vertraulich und anonym informieren möchten oder nicht sicher sind, ob das Erlebte schon Gewalt ist, dann können Sie sich jederzeit bei uns melden.“ Krejci und ihr Team sehen dies als zentrales Element ihrer Arbeit. Es folgt eine Gefährlichkeitseinschätzung und – wenn nötig – ein Sicherheitsplan.
Nicole Krejci beschreibt ein Szenario: „Wenn ich in einer Beziehung lebe, in der ich schon Gewalt erfahren habe, ich aber noch nicht dazu bereit bin, die Polizei zu involvieren, dann wäre das ein guter Moment, zu uns zu kommen.“ Auch sie bestätigt: „Eine Trennung kann wahnsinnig gefährlich sein.“
Da brauche es Begleitmaßnahmen im Vorfeld. Konkret bedeutet das eine ausführliche Analyse der Situation, eventuell sprachliche Unterstützung, Mithilfe beim Erwirken einer einstweiligen Verfügung, einen sicheren Ort organisieren. Und, wenn von der Frau gewünscht, die Begleitung zur Polizei.
Gleichberechtigung
Gerade die Gewalt im sozialen Nahraum sei sehr stark mit Schuld und mit Scham behaftet. Aufseiten der Opfer. „Frauen fragen sich oft, habe ich diese Gewalt provoziert? Habe ich etwas dazu beigetragen? Solche Gedanken können verhindern, dass man sich an eine Beratungseinrichtung oder an die Polizei wendet“, sagt Krejci. Doch eines sei klar: „Die Schuld liegt beim Täter.“ Es sei notwendig, die Verantwortung für die Gewalthandlung dort anzusiedeln, wo sie hingehört. „Die Verantwortung liegt bei der Person, von der die Gewalt ausgeht.“
Krejci betont, wie wichtig Täterarbeit ist. Die sechsstündige, verpflichtende Gewaltpräventionsberatung nach einem Betretungsverbot sei „ein erster, wichtiger Schritt“. Viele Experten und Expertinnen aus dem Gewaltschutz fordern schon länger, die Stundenanzahl zu erhöhen.
Und es brauche mehr Gleichberechtigung. „Wir wissen aus skandinavischen Studien: Je gleichberechtigter eine Partnerschaft ist, desto weniger Gewalt passiert in dieser Beziehung.“
Hilfe für Betroffene
In Österreich finden Frauen, die Gewalt erleben, u. a. Hilfe und Informationen bei der Frauen-Helpline unter: 0800-222-555, www.frauenhelpline.at; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter www.aoef.at; der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie/Gewaltschutzzentrum Wien: www.interventionsstelle-wien.at und beim 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 sowie beim Frauenhaus-Notruf unter 057722 und den Österreichischen Gewaltschutzzentren: 0800/700-217; Polizei-Notruf: 133
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