Gemordet wird gleich ums Eck

Lisa Gallauner findet Tatorte bei Spaziergängen.
Krimis mit Regionalbezug liegen voll im Trend. Autoren kommen aus der Nachbarschaft.

Doris Lenhart ist wieder im Einsatz. In ihrem zweiten Fall wird die fiktive niederösterreichische Chefin der Mordkommission mit einem toten Mönch im Stift Melk und einer Frauenleiche auf den Jauerling, dem Hausberg der Wachau, konfrontiert. Auf den ersten Blick haben die Gewalttaten nichts miteinander zu tun. Aber Doris Lenhart glaubt nicht an Zufälle – und taucht immer tiefer in die Vergangenheit der beiden Opfer ein.

"Das ewige Gelübde" (edition a, 19,95€) heißt der zweite Kriminalroman von Bernhard Görg. Nach seiner Zeit als aktiver Politiker (zuletzt als Wiener ÖVP-Vizebürgermeister) widmet sich der nun 74-Jährige dem Schreiben. Als Görg sich an sein Romandebüt "Liebe Grüße aus der Wachau" wagte, war ihm rasch klar, dass sein Roman in der Wachau spielen sollte; hier wuchs er auf, hier kennt er sich aus.

Gemordet wird gleich ums Eck
Krimiautor Bernhard Görg in Dürnstein, wo ein Teil seines neuen Bucheds handelt
Und so findet sich der Leser einmal auf dem Jauerling, ein andermal im Toprestaurant Jamek wieder. Mit dieser Einstellung ist Görg nicht allein. Heimische Krimiautoren scheinen eine Vorliebe für die Einbindung von möglichst viel Lokalkolorit zu haben.

Schreibgenuss

Gut einen halben Meter misst die Reihe der Bücher, die Lisa Gallauner, 38, schon geschrieben hat. Neben Kinderbüchern stehen da auch mehrere Regionalkrimis, in denen ebenfalls die Wachau eine Hauptrolle spielt. Dass es überhaupt dazu kam, daran hat ihr heute bald 12-jähriger Sohn Moritz einen entscheidenden Anteil: Die Karenzzeit nach seiner Geburt nutzte die Lehrerin, um Geschichten niederzuschreiben, die ihr schon lange durch den Kopf spukten. Da entstand eine, in der ein Bub namens Moritz vorkommt. "Wohl auch in der Hoffnung, dass unser Sohn nach einer schwierigen Schwangerschaft gesund aufwächst", erzählt Gallauner.

Schreiben ist für sie aber nicht alles: "Ich liebe meine Arbeit als Lehrerin und fühle mich in der neuen Mittelschule Mautern wirklich wohl. Das würde ich nie aufgeben. Selbst, wenn ich von den Büchern leben könnte."

Überall Tatorte

Anregungen holt sie sich meist aus der Natur, etwa von einer speziellen Wetterstimmung, und dem Beobachten von Menschen.

"Wenn ich mit meinem Sohn und dem Hund im Wald spazieren gehe und wir entdecken eine Lichtung, ist mein erster Gedanke: Wenn da eine Leiche läge", schmunzelt Gallauner. Ihre Schreibtechnik: "Meist weiß ich am Anfang, wer was getan hat. Der Rest entwickelt sich während der Arbeit", verrät die Autorin. Die sich selber Grenzen setzt: "Es darf nicht zu grauslich sein. Es wird auch nie ein Kind sterben. Und es kommen keine Bekannten oder Kollegen vor. Nur unser Hund Winnie, der ist die Vorlage für den Hund von Kommissar Meierhofer."

"Die Suche nach einem Verlag war am Anfang jedenfalls weit schwieriger als das Schreiben selbst", erinnert Gallauner sich an viele Absagen. Ihr neuester Meierhofer-Krimi: "Teufelsbotschaft". (federfrei, 12,90 €)

Spannung

Auch der gelernte Spenglermeister Ernest Zederbauer aus Weitra im Waldviertel hat eine Vorliebe für spannende Geschichten. Die erzählt er nicht nur als Nachtwächter neugierigen Touristen, sondern seit 2009 Jahren auch in Buchform.

Gemordet wird gleich ums Eck
Waldviertel-Krimi Ernest Zederbauer
Der 69-Jährige hat jetzt seinen fünften Waldviertel-Krimi mit Regionalbezug veröffentlicht. "Steinhart", heißt der jüngste Titel (verlagshaus-hernals, 22,90 €), in dem ein Bürgermeister auf dem Dorfplatz tot zusammenbricht.

Filme

Mitunter werden Regionalkrimis auch verfilmt: Im Pulkautal steht Ende November Erwin Steinhauer beispielsweise wieder als Simon Polt vor der Kamera – für die sechste Verfilmung von Alfred Komareks ausgezeichneter Krimireihe.

Als ein Fest in der Kellergasse mit einem Toten endet, kann Polt nicht wegschauen. Denn er ist vielleicht "Alt, aber (halt trotzdem) Polt": Er will Klarheit.

Zu sehen ist der Film voraussichtlich 2017 in ORF2.

Die Regionalkrimis haben sich nach einem enormen Boom in den vergangenen Jahren eingependelt, meint Wolfgang Mayr, Leiter des Verlages "federfrei" mit Sitz in Marchtrenk in Oberösterreich. Der wurde vor gut acht Jahren ausschließlich gegründet, um Krimis herauszubringen.

Zwar nehmen sich einige große Verlage bei Dorfkrimis wieder etwas zurück, aber: "Sie sind ein wichtiges Subgenre. Das merkt man auch daran, dass beim Thalia ein eigener Tisch mit ihnen steht", sagt Mayr.

Auch, wenn der große "Hype" der Dorfkrimis vorüber ist, haben sie doch eines ausgelöst: "Immer mehr Menschen wagen sich ans Schreiben, weil sie Autoren kennen und meinen: Das kann ich auch. Wir bekommen im Jahr 60 bis 70 Krimis zugeschickt, von denen wir etwa drei bis vier herausbringen", sagt Mayr. Der sich darüber freut: "Genau dort findet man die Schätze. Auch wenn mancher Autor mit wunderbarem Stil ein unpassendes Thema wählt."

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