Häufige Ablehnung
Das Problem: Will eine Gemeinde nur in einzelnen Straßenzügen Tempo 30 verordnen, legt die Straßenverkehrsordnung (StVO) die Latte sehr hoch. „Tempo 30 auf einzelnen Straßen und Abschnitten umzusetzen, ist oft ein aufwendiger, undurchsichtiger und kostspieliger Prozess mit vielen Hürden“, sagt VCÖ-Expertin Lina Mosshammer – der am Ende oft scheitert. Das Gesetz verlangt nämlich den Nachweis, dass Tempo 30 zur Fernhaltung von Gefahren „erforderlich“ ist. Dieser ist aber, wenn überhaupt, nur durch komplexe Gutachten zu erbringen.
Davon kann auch Stefan Helmreich, ÖVP-Bürgermeister im steirischen Lieboch (Bez. Graz-Umgebung), ein Lied singen. „Wir wollen seit Jahren auf der B70 rund um Kindergarten und Volksschule ein 30er-Limit“, sagt er. „Aber von der Behörde kommt als Antwort, dass wir den Bedarf verkehrstechnisch nachweisen müssen, was sehr teuer ist.“
Darum unterstützt Helmreich, wie 236 weitere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister (siehe Grafik), der Städtebund und weitere Organisationen, die VCÖ-Initiative. Deren konkretes Ziel: Die StVO „dahingehend anzupassen, dass Städte und Gemeinden ohne Einschränkungen und Hindernisse Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts dort umsetzen können, wo sie es mit Hinblick auf die notwendige Verkehrswende für sinnvoll erachten.“
Novelle in Arbeit
Vergangene Woche wurde die Petition an Klima- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) übergeben, bei der man erwartungsgemäß auf offene Ohren stieß. Sie freue sich, dass das Potenzial von Tempo 30 „in so vielen Gemeinden und Städten quer durch Österreich und parteiübergreifend erkannt und auch aktiv vorangetrieben wird“, sagte sie.
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Bei Freude soll es jedoch nicht bleiben: „Wir arbeiten gerade einen entsprechenden Gesetzesvorschlag aus, um das Anliegen der Petition voranzutreiben und möglichst schnell in Umsetzung zu bringen“, ergänzte Gewessler auf KURIER-Nachfrage.
Beim Koalitionspartner ÖVP steht man dem Anliegen gleichfalls „offen gegenüber“, wie Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger zum KURIER sagte. Man wolle keine allgemeine Tempo-30-Vorschrift, aber eine „Kann-Bestimmung, damit die Behörde in sensiblen Zonen vereinfacht die Höchstgeschwindigkeit verringern kann“. Mit anderen Worten: die von den 237 Ortschefinnen und Ortschefs – darunter rund 100 aus der ÖVP – geforderte bürokratische Erleichterung.
Beim Städtebund wird das für Freude sorgen, gleichzeitig wünscht man sich dort aber auch mehr Spielraum in Sachen Geschwindigkeitskontrollen. Denn „jedes Tempolimit ist nur so gut, wie es auch tatsächlich eingehalten wird“, sagt Harald Ludwig, der Vorsitzende des Städtebund-Verkehrsausschusses. Derzeit seien den Städten hier aber „leider die Hände gebunden“.
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